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70 Jahre ZfK – Der Lottogewinn

1957: Erfolgreiche Hebedienst-Tippgemeinschaft hilft den Stadtwerken, einen Betriebshof finanzieren
03.05.2024

Gelderheber Hermann Bertram (links) und die Zählerableser Fritz Dellmer (daneben) und Hans Wiegand (rechts) erzielten einen Lottohauptgewinn, der jedem von ihnen 70.000 DM brachte. Betriebsratsvorsitzender Gerdsmeyer (Mitte) blickt wohlgefällig auf seine Schäflein, die in ihrem Glück nicht die finanziellen Sorgen ihrer Stadtwerke vergaßen: Sogar beim Lesen der ZfK lässt er sich aus solchem Anlaß stören.

70 Jahre ZfK – Seit Juni 1954 berichtet die Zeitung für kommunale Wirtschaft aus und für die kommunalen Versorgungsunternehmen. Höchste Zeit also für einen Rückblick: In den Archiven finden sich dabei immer auch ganz besondere „Schätzchen“: Inhalte, über die die Zeit gnadenlos hinweggefegt ist, aber auch Visionäres, Kurioses, Menschliches – und manche Themen, die – leicht verändert – auch nach vielen Jahren immer wiederkehren und noch taufrisch wirken.

Lottogewinn floß in Stadtwerkskassen

  • 1957

Ein Gelderheber und vier Zählerableser der Braunschweiger Stadtwerke gaben ein gutes Beispiel: Von einer halben Mio. DM, die sie zusammen mit 2 weiteren Kollegen der Betriebsabteilung Hebedienst im Zahlenlotto gewannen, boten sie ihrem Werk 195.000 DM als langfristiges Aufbaudarlehen an. Der Rat der Stadt Braunschweig nahm das Angebot gerne an. Der Betrag soll zur Teilfinanzierung eines im Bau befindlichen Autobus-Betriebshofes verwendet werden.

Die siebenköpfige Wettgemeinschaft spielt bereits seit einem Jahr im Zahlenlotto. Jedes Mitglied beteiligt sich mit einem wöchentlichen Einsatz von 2 DM. Der mit 28 Tippreihen versehende Dauertipp wurde von Anfang an unverändert beibehalten. Man erzielte auch bereits regelmäßig kleinere Gewinne. Jetzt beglückte Fortuna die „Stadtwerker“ sogar mit einem Sechser. Er fiel auf die 15. Tippreihe mit den 6 richtigen Zahlen 15-17-21-24-31-40 und brachte die 500.000 DM. Bis zu diesem Haupttreffer hatte jeder der sieben Mitspieler insgesamt rund 100 DM eingezahlt, für die er jetzt – die kleinen Gewinne nicht mitgezählt – rund 70.000 DM einkassierte – der Einsatz hat sich in siebenhundertfachen Gewinn umgemünzt.

Gewinner wussten um die Kapitalnot

Die Gewinner, die ja alle nur kleine Angestellte sind, wußten um die Kapitalnot ihres von der öffentlichen Hand nach sozialen Gesichtspunkten geleiteten Betriebes, zum Beispiel, dass die 4,5 Mio. DM für den dringend notwendigen Bau des neuen Autobus-Betriebsbahnhofes nur schwer auf dem angespannten Kapitalmarkt aufzubringen sind. So entschlossen sich fünf der sieben Gewinner zu dem 195.000 DM-Darlehensangebot.

Der abgeschlossene Vertrag sieht eine zehnjährige Laufzeit des Darlehens, 8 % Jahreszinsen, monatliche Zinszahlung und eine nach drei Jahren einsetzende Rückzahlung in Raten vor. Sollte ein Darlehensgeber unvorhergesehen in Not geraten, hat er Anspruch auf vorzeitige Rückzahlung seines Anteils.

Mit dieser Kapitalanlage sind die Lottogewinner ihrerseits gut bedient. Durch die monatlichen Zinszahlungen bessern sie ihre bescheidenen Gehälter ansehnlich auf, und die Darlehensrückzahlung vom 4.–10. Jahr stellt eine gute Altersversorgung dar. Die Ihnen jetzt verbleibende Gewinnsumme reicht immer noch zum Bau oder Erwerb eines eigenen Häuschens.

Das Krankengeld war knapp

Senior der Darlehensgeber ist Gelderheber Hermann Bertram, der kürzlich bei den Braunschweiger Stadtwerken sein 25jähriges Berufsjubiläum beging. Mit 55.000 DM von seinem 70.000 DM-Gewinnanteil steuerte der passionierte Schachspieler und frühere Schachmeister des Landes Niedersachsen den höchsten Betrag zum Stadtwerke-Darlehen bei. Ihm und seiner Frau ist der Gewinn besonders zu gönnen, denn sieben Jahre lang war er arbeitsunfähig. Während dieser langen Notzeit musste seine tatkräftige Ehefrau helfen, das knappe Krankengeld aufzubessern.

Alle Darlehensgeber sind entschlossen, ihren Beruf weiterhin auszuüben und den Braunschweiger Stadtwerken die Treue zu halten.