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Enet: Vorläufige Strom-Netzentgelte steigen deutlich

Für einen typischen Familienhaushalt erhöhen sich die Strom-Netznutzungsentgelte im Schnitt um vier Prozent. Auch beim Gas gibt es vielerorts Erhöhungen, diese fallen in der Tendenz weniger stark aus.
13.10.2021

Auf den Jahresverbrauch hochgerechnet könnte die Stromrechnung eines typischen Familienhaushalts durch die höheren Netzentgelte im nächsten Jahr um 11,90 Euro steigen. Es handelt sich laut dem Systemhaus Enet aber noch um vorläufige Zahlen.

Erste Verteilnetzbetreiber haben die vorläufigen Netzentgelte für das kommende Jahr bekannt gegeben. In den bisher veröffentlichten Preisblättern zeichnen sich dabei insbesondere bei großen Netzen deutliche Erhöhungen ab, schreibt das Systemhaus Enet in einer Pressemitteilung.

Privathaushalte werden demnach im nach Netzgröße gewichteten Durchschnitt um bis zu vier Prozent höher belastet , Gewerbebetriebe (SLP) um 4,1 Prozent. Stärker fällt die Erhöhung bei leistungsgemessenen Kunden aus, so steigen die Entgelte in der Mittelspannung (400.000 kWh, 200 kW, <2.500 Benutzungsstunden) um +5,1 Prozent auf 24.541,03 Euro/Jahr.

Eine Preissenkung hat bislang kein Stromnetzbetreiber angekündigt

Bei einem typischen Familienhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh steigen die vorläufigen Netznutzungsentgelte um durchschnittlich 4,0 Prozent bzw. 0,34 Cent je verbrauchter Kilowattstunde. Auf den Jahresverbrauch hochgerechnet erhöht sich die Stromrechnung dadurch um 11,90 Euro. Eine Preissenkung hat bislang kein Netzbetreiber angekündigt. Die stärkste Erhöhung lässt sich demgegenüber bei der Enervie Vernetzt (NRW) feststellen. Die dortigen Preise steigen um 21,3 Prozent, bleiben aber mit 8,20 ct/kWh noch unter dem Durchschnittswert.

Die höchsten Entgelte hat bislang die Schleswig-Holstein-Netz mit 12,19 ct/kWh angekündigt (+6,4 %). Die Preise der Wemag Netz in Mecklenburg-Vorpommern seien mit 10,76 ct/kWh ebenfalls vergleichsweise hoch (+8,7 %), so Enet. Die günstigsten Entgelte unter den neuen Preisstellungen fänden sich dagegen bei der SWM Infrastruktur, dem Netzbetreiber der Stadtwerke München, heißt es. Hier lägen die Kosten je durchgeleiteter Kilowattstunde bei 5,98 Cent (+6,0 %). Auch die Mannheimer MVV Netze zählen trotz moderater Erhöhung um +3,7 Prozent auf 6,19 ct/kWh noch zu den günstigeren Verteilnetzbetreibern.

Beim Gas fallen die Anstiege moderater aus

Auch im Gas steigen die Verteilnetzentgelte, hier jedoch moderater als im Strom. Anders als im Strom ließen  sich jedoch in 889 Postorten auch reduzierte Preise feststellen. Dies zeigt eine Auswertung der vorläufigen Preisblätter von Netzbetreibern, die zusammen rund 50 Prozent der gasversorgten Postorte angeschlossen haben. Privathaushalte werden demnach um bis zu 2,4 Prozent höher belastet. SLP-Gewerbekunden in der Niederdruckstufe (200.000 kWh) müssten um 2,8 Prozent steigende Kosten einkalkulieren. Gleiches gilt für leistungsgemessene Abnehmer in der Mitteldruckstufe (5.000.000 kWh, 1.450 kW), auch hier stiegen die Entgelte durchschnittlich um 2,8 Prozent.

Für einen typischen Familienhaushalt mit einem jährlichen Gasverbrauch von 18.000 kWh steigen die vorläufigen Entgelte moderat um 2,7 Prozent auf durchschnittlich 1,76 ct/kWh. Für den Abnahmefall ergeben sich daraus rund 8,17 Euro jährliche Mehrbelastung. Die stärkste Erhöhung nehmen dabei laut Enet die bayerischen Stadtwerke Klingenberg vor, dort steigen die Netzentgelte um +18 Prozent auf deutlich überdurchschnittliche 2,52 ct/kWh.

Starke Anstiege seien auch bei der nordrhein-westfälischen Rhein-Sieg Netz (+16,5 % auf 2,04 ct/kWh) und der EAM Netz (+13,4 % auf 1,87 ct/kWh) mit Sitz in Kassel zu beobachten. In insgesamt 989 Postorten steigen die Entgelte um 10 oder mehr Prozent.

EEG-Umlage: Spielraum für weitere Senkungen?

Alle Entgelte wurden laut Enet mit dem Status „vorläufig“ veröffentlicht und können somit zum Jahreswechsel noch einmal angepasst werden. Stromvertriebe erwarteten nun mit Spannung die Bekanntgabe der weiteren Abgaben und Umlagen im Laufe des Monats. Die EEG-Umlage werde wie im Corona-Konjunkturpaket beschlossen mit Hilfe von Bundeszuschüssen auf maximal 6,00 ct/kWh gedeckelt. Dabei gibt es womöglich sogar Spielraum für stärkere Senkungen. Zum einen sei das EEG-Konto durch die stark gestiegenen Börsenstrompreise gut gefüllt, da weniger Marktprämie ausgeschüttet werden musste, zum anderen könnten Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung sowie nicht verbrauchte Bundesmittel die Umlage weiter reduzieren.

Der Berliner Thinktank Agora Energiewende hält daher sogar eine Senkung auf bis zu 3,30 ct/kWh in 2022 für möglich. „Für Stromvertriebe könnte dies ein wenig Druck aus der Kalkulation nehmen. Gasvertriebe stehen dagegen mit Sicherheit weiterhin vor großen Herausforderungen – durch weniger Umlagen schlägt die Beschaffung deutlich stärker auf den Endkundentarif durch“, heißt es abschließend.

Die Übertragungsnetzbetreiber hatten bereits Anfang Oktober ihre neuen Entgelte bekannt gegeben. Die Entgelte von Amprion und TransnetBW steigen dabei deutlich stärker als die von Tennet und von 50Hertz. Beim Gas hingegen sinken in Summe die vorgelagerten Kosten um rund 6,5 Prozent. (hoe)