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Digitalisierungsgrad bei EVU – die Unternehmensgröße spielt hier keine Rolle

Der BDEW hat mit A.T. Kearney und Improve im Rahmen seines Digitalisierungsbarometers 60 Energieversorger in jeder Größenordnung analysiert. Die Erhebung bietet einen umfassenden Überblick.
15.03.2018

Erfolgreiche Digitalisierung ist keine Frage der Unternehmensgröße, so das Ergebnis einer Erhebung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), A.T. Kearney und Improve – European Innovation Management Academy. Die drei entwickelten vergangenes Jahr den Digitaliserungscheck Digital@EVU. Daran nahmen 2017 insgesamt 60 EVU teil, die jetzt analysiert wurden. Dazu gehören Strom- und Gasnetzbetreiber, Querverbundunternehmen, aber auch De-Minimis-Unternehmen sowie Energievertriebe und Erzeugungsunternehmen. In ihrer Gesamtheit bilden sie alle Wertschöpfungsstufen und Unternehmensgrößen der Branchen ab und lassen daher Rückschlüsse auf den generellen Digitalisierungsstand in der Energiewirtschaft zu, so der BDEW.

Demnach hat die Mehrheit der EVU mit 53 Prozent noch keine Strategie zur Digitalisierung, ist aber dabei diese zu erarbeiten. Davon analysieren 84 Prozent der Teilnehmer Digitalisierungstrends und 44 Prozent suchen nach passenden Partnern. Bei nur 13 Prozent der EVU ist keine Digitalisierungsstrategie vorhanden und auch nicht in Planung. Einige Unternehmen erklärten, keine dedizierte Strategie für Digitalisierung zu haben, sondern Digitalisierung als Säule in der Unternehmensstrategie zu veranken und so eine bessere Verzahnung der Digitalisierung mit sonstigen Themen erreichen zu können.

Bei denjenigen, die eine Digitalisierungsstrategie haben, ist sie zu 90 Prozent mit der Unternehmensstrategie abgestimmt und wird von der Geschäftsführung unterstützt. Bei den meisten Teilnehmern (85 Prozent) liegt die Strategie schriftlich vor und beruht auf einer Analyse von Digitalisierungstrends (90 Prozent).

Umsatz mit digitalen Produkten

Auch die Unternehmen, die noch keine Digitalisierungsstrategie haben, erzielen bereits mit rein digitalen oder digital-gestützten Produkten Umsatz – allerdings bedeutend weniger häufig als Unternehmen mit einer solchen Strategie (93 Prozent gegenüber 69 Prozent, bei denen eine solche Strategie noch in Arbeit ist. Ganz ohne Strategie liegt der Anteil der Unternehmen bei 29 Prozent, die Umsatz mit rein digitalen Produkten erzielen).

Die meistverbreiteten Produkte bei EVU sind derzeit digitale Self-Service-Portale und E-Mobility-Services mit jeweils 63 Prozent. Am wenigsten verbreitet  sind wettbewerblicher Messstellenbetrieb (32 Prozent), virtuelle Kraftwerke sowie automatisierter Stromhandel (jeweils 33 Prozent), Apps für Energiedienstleister (37 Prozent) und Smart-Home-Produkte (40 Prozent). Aus Sicht der Teilnehmer werden diese Produkte jedoch bis 2020 das höchste Wachstum mit durchschnittlich 70 bis 100 Prozent erzielen.

Aufholbedarf bei Big-Data-Analytics, Prozessautomatisierung und Kundenzentrierung

Interessanterweise korreliert der bei der in der Studie erzielte Digitalisierungsgrad nicht mit der Größe des Unternehmens. Die Zusammenarbeit mit externen Partnern, konkret mit Start-ups, wird  von 62 Prozent der EVU als Ziel gesetzt. Stärken liegen bei den meisten Unternehmen demnach in den Bereichen IT-Sicherheit und Marktkommunikation – nicht zuletzt bedingt durch gesetzliche Vorgaben. Der größte Aufholbedarf liegt aktuell in den Bereichen Big-Data-Analytics, Prozessautomatisierung und Kundenzentrierung.

Um mit den Kunden zu interagieren, nutzen aktuell 20 Prozent der teilnehmenden EVU Vertriebskanäle Dritter (beispielsweise Wechselplattformen). Mehr als die Hälfte der teilnehmenden EVU haben klare und einheitliche Informationsangebote über alle digitalen Informationskanäle. Gleichzeitig bewerten nur 28 Prozent  ihre digitalen Fähigkeiten zur Kundeninteraktion als ausreichend. Die EVU würden zwar wissen, dass die aus Kundeninteraktionen erhaltenen Daten wichtige Erkenntnisse liefern, aber nur 13 Prozent der Teilnehmer nutzen sie, um Rückschlüsse zur Weiterentwicklung ihrer Angebote zu ziehen.

Wenig Kosteneinsparungen bei digitaler Kundeninteraktion bislang

Darüber hinaus konnte bisher nur ein Drittel der EVU Kosten durch digitale Maßnahmen in der Kundeninteraktion einsparen und neue Umsatzpotenziale erschließen. Eine weitere Hürde stellt hier auch das Datenschutzgesetz dar. Unternehmen, bei denen Kunden noch nicht in die digitale Kontaktaufnahme eingewilligt haben ("Opt-in") können zwar Daten zur Kundeninteraktion beispielsweise zu Wechselwahrscheinlichkeiten bestimmen, dürfen aber die wechselgefährdeten Kunden nicht aktiv mit Angeboten kontaktieren, um diese zu erhalten. Erst nach und nach und oft im Zuge der Umstellung auf papierlosen Schriftverkehr werden diese Opt-ins eingeholt und bieten so künftig die Möglichkeit, Kunden mit maßgeschneiderten Angeboten zu kontaktieren.

Bei zwei von fünf EVU gibt es dedizierte Voll- oder Teilzeitressourcen für das Thema Digitalisierung. Gleichzeitig hat aber nur einer von fünf Teilnehmern eine Digital Roadmap, die Initiativen, Projekte und Programme erfasst, die Ressourcenbedarfe und -konflikte transparent aufzeigt und den Resourceneinsatz sinnvoll priorisiert und koordiniert. Darüber hinaus verfügt nur gut ein Viertel der teilnehmenden EVU über eine Personalstrategie mit Blick auf künftige Anforderungen und Fähigkeiten. Eine Zusammenfassung der Studie gibt es auf der BDEW-Website. (sg)