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"Es war eine Operation am offenen Herzen"

EWE Trading hat das Handelsgeschäft in die digitale Cloud verlegt: Industriekunden und Stadtwerke haben damit Zugriff auf eine Plattformlösung, die wie eine Art Energiehandels-Appstore funktioniert.
22.02.2022

Vielseitig einsetzbar: Die Plattform von EWE Trading.

Herr Orlowski, EWE Trading hat eine cloudbasierte Microservice-Technologieplattform für den Mutterkonzern EWE aufgebaut, die man sich wie eine Art Energiehandels-Appstore vorstellen kann. Könnten Sie das genauer erläutern?
Sven Orlowski, Geschäftsführer EWE Trading: EWE verfügt im Handelsbereich nun über eine hochmoderne Technologielandschaft und für die gesamte Palette der energiewirtschaftlichen Handelsdienstleistungen gibt es darin eine schnell verfügbare, leistungsfähige und skalierbare Anwendung. Das ist in der Tat wie in einem App-Store. Wir sind dadurch in der Lage, unsere Leistungsspektren sehr flexibel an die Bedürfnisse unserer Kunden anzupassen und die Zeit bis zur Aktivierung trotzdem deutlich zu verkürzen.

Ein recht großes Stadtwerk wollte beispielsweise gerade, dass wir die automatisierte Betreuung des Intraday-Bilanzkreises übernehmen. Das konnten wir innerhalb weniger Wochen realisieren, wo wir früher über einen Vorlauf von mehreren Monaten gesprochen hätten.
 
 

"Wir haben insgesamt rund drei Jahre an der Plattform gearbeitet. An der Realisierung beteiligt waren Fachleute aus dem EWE-Konzern sowie Experten von insgesamt elf Dienstleistern."
Sven Orlowski, Geschäftsführer EWE Trading
EWE AG

Welche Energiearten deckt Ihre Plattform ab?
Alle Arten des physischen Stromhandels – Intraday, Day-Ahead, Regelenergie – sowie der Gashandel und der Langfrist-Stromhandel. Wir bieten aber auch die Bewirtschaftung der Portfolien von Industriekunden an sowie bestehender Assets, wie Windparks, Photovoltaik, Biogasanlagen, Batteriespeicher, Kraftwerke. Hier kann man bei uns von der Einsatzplanung bis zur Abrechnung jeglichen Service erhalten. Wir agieren dabei häufig in Kooperationen mit Anlagenherstellern, die für Finanzinvestoren ohne ausgeprägte eigene energiewirtschaftliche Expertise einen Dienstleister suchen.    
 
Worin liegen die Vorteile Ihrer Plattform?
Unser cloudbasiertes Handelssystem ist vollintegriert und kann innerhalb kürzester Zeit flexibel angepasst und auf sich verändernde Volumina skaliert werden. Künftige Aktualisierungen und Technologieänderungen sind leichter und zu niedrigeren Kosten möglich. Darüber hinaus ermöglichen die vollständig automatisierten Schnittstellen zu den Vertrieben ein sehr präzises Agieren an den Märkten. Erste Industriekunden und Stadtwerke haben sich daher auch bereits einen Zugang auf unsere Microservice-Technologieplattform gesichert.
 
Wie lange hat es gedauert, die Plattform auf die Beine zu stellen?
Wir haben insgesamt rund drei Jahre daran gearbeitet. An der Realisierung beteiligt waren Fachleute aus dem EWE-Konzern sowie Experten von insgesamt elf Dienstleistern. Gearbeitet wurde auf vier Kontinenten und vollständig in agiler Arbeitsweise und mit cross-funktionalen Teams, wie sie bei EWE Trading mittlerweile Standard sind.
 
Wieso haben Sie sich für einen Cloudlösung entschieden?
Von der Cloudlösung erhoffen wir uns im Wesentlichen Skalierbarkeit um bei Veränderung der Anforderungen von Kunden oder geänderten Anforderungen aus dem eigenen Geschäft schnell reagieren zu können. Die Plattform ist im Wesentlichen unabhängig von einzelnen Cloud-Providern aufgebaut um hier keinem Vendor-Lock-In zu unterliegen.
 
Worin lagen die besonderen Herausforderungen beim Aufbau der Plattform?
Es war eine Operation am offenen Herzen: Denn die Anwendungen müssen natürlich hochverfügbar sein und den Handel an 365 Tagen im Jahr und rund um die Uhr ermöglichen. Handelsgeschäfte im zweitstelligen Milliarden Euro-Wert pro Jahr müssen ermöglicht werden, die EWE Trading für die verschiedenen Vertriebe innerhalb des EWE-Konzerns und externe Kunden an den Energiemärkten ausführt. Sekundengenau und fehlerfrei, denn auch Nachkommastellen übersetzen sich im Energie- und Zertifikatehandel bekanntlich schnell in Millionen. Das Reporting und Risikomanagement ist mit Funktionen zu unterstützen und jegliche Transaktion revisionssicher zu dokumentieren. Aber wir haben das Projekt gut vorbereitet und sind froh, dass alles so funktioniert, wie es soll.

Die Fragen stellte Stephanie Gust


Mehr zu der Plattform von EWE Trading finden Sie in der aktuellen Print-Ausgabe der ZfK (Februar-Ausgabe) auf Seite 13. Falls Sie noch kein Abo haben, können Sie dieses hier bestellen.