IT

Größtes Digitalisierungsprojekt der EnBW geht live

Der baden-württembergische Konnzern hat seine vertrieblichen IT-Systeme und Geschäftsprozesse neu aufgesetzt. Kundenbedürfnissen soll damit "maximal" erfüllt werden. Und auch für die eigenen Mitarbeiter ändert sich einiges.
17.10.2019

Schritt für Schritt: EnBW hat das vertriebliche Endkundengeschäft ihrer drei Marken nach und nach auf eine neue modulare IT-Landschaft umgezogen.

Die EnBW hat mit dem nach ihren Angaben größten Digitalisierungsprojekt innerhalb des Konzerns in den vergangenen Wochen ihre vertriebliche IT- und Prozesslandschaft neu aufgestellt. Dies sei  Reaktion auf den durch die Digitalisierung getriebenen Wandel im Kundenverhalten und den damit einhergehenden Veränderungen im Energiemarkt.

Die neue vertriebliche IT-Landschaft soll künftig "maximal auf die individuelle Anforderungen der Kunden" ausgerichtet und gleichzeitig maximal flexibel gestaltet werden. Dabei setzt der Konzern bei der Realisierung seines Großprojekts „EnPower“ bewusst auf mehrere spezialisierte Partner. Mit dem Go-Live der neuen Plattform wurden in den vergangenen Wochen rund 3,5 Millionen Kunden auf die neue IT-Landschaft umgezogen.

Erst die Töchter, dann die Mutter

Dabei sei laut Florian Riedl, verantwortlich für die Digitaliisierung im Vertrieb die Art und Weise, "wie wir mit unseren Kunden interagieren, ob im Web oder persönlich, sowie die Fähigkeit, ihnen zu jeder Zeit ein auf ihre Bedürfnisse maßgeschneidertes Angebot unterbreiten zu können", der zentrale Erfolgsfaktor.

Die Geschäftsprozesse würden dabei konsequent vom Kunden her gedacht und die Prozesse in Echtzeit unterstützt. Schon  2017 hatte EnBW damit begonnen, die IT erster Konzerntöchter umzustellen. Nach der Einführung neuer Systeme bei den "Marken NaturEnergiePlus" und "Yello" habe man nun mit dem millionengroßen Kundenstamm der EnBW nachgezogen. „Im Juli stand die Migration an, auf die wir uns seit Herbst 2018 vorbereitet hatten. Das Learning aus den beiden vorangegegangenen Umstellungen haben sich ausgezahlt. Der Go-Live verlief reibungslos und wir konnten den regulären Betrieb planmäßig nach drei Kalendertagen wieder aufnehmen“, erläutert Olaf Kuhmann, bei der EnBW für die IT des Vertriebs verantwortlich.
 
Nicht nur Strom- und Gas

EnBW konzentriert sich nach eigenen Angaben bei der neuen vertrieblichen IT-Infrastruktur nicht nur auf das konventionelle Strom- und Gasgeschäft: „Wir gehören zu den Marktführern im Bereich E-Mobilität und sind mit unserer Tochter Senec führend bei Heim-Speicherlösungen. Diese Produktwelten wachsen schon heute immer stärker mit dem klassischen Strom- und Gasgeschäft zusammen“, so Riedl. In der Merhheit hätten die Kunden nicht nur ein Produkt, bei dem sie auf die EnBW vertrauen. Mit den bisherigen Systemen sei die Verknüpfung dieser verschiedenen Bereiche mit maßgeschneiderten Produkten in Echtzeit nicht realisierbar gewesen.

Kein einzelner Systemanbieter, sondern modulare IT-Infrastruktur

Anstatt sich, wie für derartige Großprojekte üblich, für einen Systemanbieter zu entscheiden, ging die EnBW ihren eigenen Weg: Sie schneiderte sich die neue Lösung selbst auf den Leib. „Wir haben uns für eine modulare IT-Infrastruktur entschieden, deren verschiedene Systeme lose miteinander verknüpft sind“, erklärt Kuhmann. Damit könne man "extrem schnell" auf Veränderungen reagieren . Eine Logik, die auch in der neuen EnBW-Lieferanten-Plattform „EnPowerX“ zu finden ist. Ende des Jahres wird die neue Service- und IT-Lösung für Stadtwerke und Energieversorger verfügbar sein.
 

Powercloud zentraler Baustein der neuen Prozesslandschaft

Für jede Anforderung und jeden Einsatzzweck wurde laut EnBW die beste am Markt erhältliche Lösung gesucht. Dadurch kamen vor allem spezialisierte Software-Lösungen junger, aufstrebender Unternehmen zum Zug. Für die Ablösung der vertriebliche genutzten Systeme SAP IS-U und CRM holte sich die EnBW beispielsweise das Cloud-Angebot von Powercloud an Bord.
Das IT-Haus aus Achern liefert damit einen zentralen Baustein der neuen vertrieblichen IT- und Prozesslandschaft. 

„Um die Anforderungen der EnBW vollumfänglich abdecken zu können, haben wir zahlreiche neue Funktionalitäten  ausgeprägt, beispielsweise Grund- und Ersatzversorgung, Leerstandsmanagement sowie Wasser und Wärme. Diese kommen jetzt erstmals im Live-Betrieb zum Einsatz“, erklärt Marco Beicht, Gründer und Geschäftsführer von Powercloud. „Zudem kümmern wir uns zentral um nicht differenzierende Aufgaben, wie etwa die regulatorisch geforderten Formatwechsel oder Anpassungen aufgrund gesetzlicher Anforderungen.“
 
Agile Teams über Abteilungen, Marken und Konzerngrenzen hinweg

Neben den zahlreichen externen Partnern, erforderte die Zusammenarbeit im Großprojekt „EnPower“ auch innerhalb des Konzerns eine Transformation bisheriger Arbeitsweisen. Die EnBW-Tochter NaturEnergiePlus konnte übe einer agilen, bereichs- und standortübergreifenden Zusammenarbeit  in die neue vertriebliche IT- und Prozesslandschaft überführt werden.  Ein Jahr später zog Yello nach.

Diese Erfahrungen flossen unmittelbar in Planungen, Prozesse und Umsetzung für EnPower ein. „Eine konsequente Kundenorientierung erfordert Flexibilität und Schnelligkeit – nicht nur in den Systemen, sondern auch in der Art, wie wir innerhalb des Unternehmens miteinander arbeiten, wie wir Entscheidungen treffen und Dinge umsetzen. Mit Start des Projekts haben wir deshalb auch eine ganz neue Art der Zusammenarbeit nicht nur ausprobiert, sondern gelebt. Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Abteilungen – vom Vertrieb über die IT bis hin zu den Operations – arbeiteten hierfür konzernweit in agilen Teams zusammen“, sagt Riedl. Der reibungslose Go-Live habe das Unternehmend darin bestätigt, auf agile Teams zu setzen. (sg)