"Refurbishment in der IT bringt die Nachhaltigkeitswende voran"
Herr Jauns, woran erkenne ich einen qualifizierten Anbieter für IT-Infrastruktur?
Alexander Jauns: Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass ein Dienstleister für IT-Infrastrukturen in der Lage ist, individuell auf die jeweilige Situation der Kunden eingehen zu können. Jedes Unternehmen oder auch jede öffentliche Einrichtung stellt ganz eigene Anforderungen an die IT-Infrastruktur. Mal geht es darum, eine Infrastruktur komplett neu zu implementieren, mal soll eine bereits bestehende erweitert werden, mal gibt es gesonderte Anforderungen, was die Sicherheitskonzepte angeht – all diese Faktoren wollen jeweils berücksichtigt werden. Deshalb ist es auch so wichtig, dass vorab eine fundierte Analyse des Status quo der Infrastruktur durchgeführt wird. Denn nur dann lassen sich die Planung und Inbetriebnahme einer IT-Infrastruktur auch effizient durchführen, ohne unnötige Ressourcen zu vergeuden.
Was das Thema Qualitätsmanagement angeht, sollten Auftraggeber beispielsweise darauf achten, ob ein Anbieter für IT-Infrastruktur hier anhand international anerkannter Normen zertifiziert ist. Darüber hinaus sollten sich Auftraggeber die Frage stellen, wie sie sichergehen können, dass ein Anbieter auch wirklich strukturiert mit seinen Kunden umgeht. Hier lohnt der Blick auf das Hersteller-Portfolio, das der Anbieter bereithält. Denn um beispielsweise bei namhaften Netzwerkausrüstern wie etwa Juniper Networks einen bestimmten Partner-Status zu erlangen, müssen bei den Anbietern externe Audits durchgeführt werden. Dabei wird von unabhängiger Seite geprüft, wie strukturiert ein Anbieter mit den Bedürfnissen seiner Kunden umgeht und welche Prozesse dafür gelebt werden. Weist ein Anbieter also hier einen entsprechenden Partner-Status vor, spricht das sehr für seine Qualifikation.
Künstliche Intelligenz spielt auch bei Stadtwerken eine zunehmend große Rolle. Was bedeutet das zum Beispiel für ihre IT-Infrastrukturen?
Tatsächlich stellen uns immer mehr Kunden genau diese Frage. KI ist einfach ein Hype-Thema, das so schnell auch nicht verschwinden wird. Einige Stadtwerke testen KI-Tools bereits aus oder wenden sie schon dauerhaft in verschiedenen Bereichen an. Die Beweggründe dahinter mögen jeweils unterschiedlich sein; feststeht aber auch, dass viele Versorger vor einigen großen Herausforderungen stehen. Dazu zählen zum einen ein Personalmangel und zum anderen die zunehmend strengeren Anforderungen, die an IT-Infrastrukturen gestellt werden. Angesichts dessen müssen Stadtwerke stark an ihrer Effizienz arbeiten.
Abhilfe können hier zum Beispiel automatisierte Prozesse schaffen. Etwa, wenn es darum geht, dass FritzBoxen bei Bedarf automatisiert neu gestartet werden können. Natürlich können auch KI-basierte Tools dabei helfen, die Effizienz zu steigern. Hilfreich sind etwa KI-Tools, mit deren Hilfe sich Netzwerkstörungen zumindest deutlich schneller beheben lassen. Hier sprechen wir von AIOps, was so viel wie ein mittels KI unterstützter IT-Betrieb bedeutet. Die Möglichkeiten dahinter sind sehr vielfältig. Was zum Beispiel bei Stadtwerken aber eben schon helfen kann, ist, wenn dank AIOps frühzeitig potenzielle Fehler im Netzwerk erkannt werden. Ideal wäre es dann natürlich, wenn ein KI-Tool auch in der Lage wäre, den Fehler selbst direkt zu beheben – das ist aktuell aber noch Zukunftsmusik.
Ein wichtiges Thema ist auch die Cybersicherheit. Was gibt es hier bei der IT-Infrastruktur zu beachten?
Die Planung und Sicherstellung der Cybersecurity spielt bei einer IT-Infrastruktur natürlich eine entscheidende Rolle – gerade, wenn es um öffentliche Versorgungsunternehmen geht. Stadtwerke sind Teil der sogenannten Kritischen Infrastruktur in Deutschland – auch bekannt als KRITIS –, denn sie gewährleisten unsere Grundversorgung mit lebensnotwendigen Gütern wie Strom, Gas und Wasser. Vor diesem Hintergrund unterliegen diese Infrastrukturen strengen Regularien, weshalb Stadtwerke mitunter auch verschiedene Arten von Netzwerken nutzen.
Wir unterscheiden hier generell zwischen klassischen IT-Netzen und OT-Netzwerken. OT-Netzwerke, also Operational Technology Networks, wurden speziell für den Betrieb von industriellen Steuerungssystemen und Prozessen entwickelt. Sie verbinden und verwalten Geräte und Systeme, die in der physischen Welt arbeiten – wie etwa Maschinen, Sensoren und andere Geräte, die für die Überwachung und Steuerung von Industrieanlagen, aber auch von Versorgungsunternehmen verwendet werden. OT-Security und IT-Security sind wiederum zwei Teilbereiche der Cybersicherheit, die sich jeweils auf unterschiedliche Umgebungen konzentrieren und deshalb unterschiedliche Ziele, Anforderungen und Herausforderungen haben. Entsprechend unterscheiden sich die beiden Teilbereiche auch mit Blick auf die potenzielle Bedrohungslandschaft und eingesetzte Technologien. Während IT-Security sich auf den Schutz von Daten und IT-Systemen konzentriert, ist OT-Security darauf ausgerichtet, die Sicherheit und Zuverlässigkeit physischer Prozesse und industrieller Systeme zu gewährleisten. Die Konvergenz von IT und OT führt zu neuen Herausforderungen, da die Sicherheit beider Bereiche zunehmend ineinandergreift.
Vielen Stadtwerken ist ein verantwortungsbewusstes Handeln im Sinne der Nachhaltigkeit wichtig. Wie lässt sich das auch bei der IT-Infrastruktur realisieren?
Hier gibt es verschiedene Antrittspunkte. Zum einen ist es beispielsweise so, dass auch viele Netzwerk-Anbieter schauen, wie sie energieeffiziente Produkte anbieten können. Das heißt, schon bei der Hersteller- und damit Produktauswahl kann sichergestellt werden, dass die verwendeten Technologien möglichst nachhaltig sind und zum Beispiel auch über einen langen Produktlebenszyklus verfügen. Zum anderen lohnt sich ein genauer Blick auf die verwendete Software. Mit optimierten Softwarealgorithmen lässt sich der Energieverbrauch nämlich entscheidend senken.
Sollte nicht auch darauf geachtet werden, dass die gebrauchte IT-Hardware recycelt wird?
Nicht unbedingt. Aus meiner Sicht ist das Recycling von gebrauchten Laptops, Smartphones und Servern erst der letzte Schritt der Produktnutzung. Wichtiger ist vorher, die Hardware überhaupt erst so lange wie möglich zu nutzen. Denn bei der Neuherstellung von IT-Hardware entstehen enorme Mengen an CO2. Je länger ich die bestehenden Geräte also nutze, umso besser. Möglich wird das durch das sogenannte Refurbishment. Dabei handelt es sich um die standardisierte und zertifizierte Wiederaufbereitung von IT-Hardware. Im Bestfall lassen Unternehmen ihre gebrauchten IT-Geräte also zunächst refurbishen. Das verlängert den Produktlebenszyklus der IT-Assets um ein Vielfaches und ist daher sogar umweltfreundlicher als Recycling. Dabei gilt zu beachten: Bei der Datenlöschung sollten alle Daten zertifiziert gelöscht und am Ende auch ein Nachweis über die erfolgreiche Vernichtung der Daten mitgeliefert werden. Wenn alle Unternehmen auf Refurbishment setzen, bringt das die Nachhaltigkeitswende voran!
Die Fragen stellte Stephanie Gust