Wärme

Erdwärmepumpen können 75 Prozent des Wärmebedarfs decken

Die oberflächennahe Geothermie hat für die Wärmewende enormes Potenzial, so das Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie. Für dessen Erschließung müssen nun bürokratische Hürden abgebaut werden.
04.07.2022

Oberflächennahme Geothermie ist eine Alternative zu strombasierten Wärmepumpen und könnte ein wichtiges Standbein der Wärmewende werden.

In der Roadmap „Oberflächennahe Geothermie – Potenziale, Hemmnisse und Handlungsempfehlungen“ haben Forscher*innen der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) aufgezeigt, dass der Wärmebedarf für Raumwärme und Warmwasser in Deutschland zu etwa 75 Prozent über Erdwärmepumpen gedeckt werden könnte. Das entspricht rund 600 TWh pro Jahr.

Gleichzeitig könnten die Systeme einen großen Teil des Kühlbedarfs bereitstellen. Derzeit gibt es hierzulande über 400.000 Erdwärmepumpen, die Temperaturen von fünf bis 20 Grad Celsius zum Heizen oder Kühlen nutzen. Zur Erreichung der Klimaziele muss die derzeitige Anzahl an Pumpen bis 2045 um das Zehnfache ausgebaut werden. Derzeit werden rund 20.000 Anlagen pro Jahr installiert.

Sechs Maßnahmen für Markthochlauf

Um für das nötige exponentielle Wachstum zu sorgen, haben die Forscher*innen verschiedene Vorschläge ausgearbeitet.

  • Genehmigungsverfahren entbürokratisieren: Die Bundesländer sollen ihre pauschalen und weitreichenden Restriktionen überarbeiten, reduzieren und idealerweise bundesweit vereinheitlichen. Insbesondere der vorgeschobene Gegensatz von Gewässerschutz und Geothermie entspricht nicht dem Stand der Technik. Die Genehmigungen müssen nach transparenten Kriterien, zuverlässig und zeitnah erteilt werden.
     
  • Fachkräfte stärken: Die Ausbildung im Sanitär-, Heizungs- und Klima-Handwerk mit seinen 400.000 Handwerkern muss die Wärmewende inhaltlich in den Fokus nehmen. Auch das Bohrhandwerk braucht mehr Kapazitäten, es fehlen kurzfristig 2500 Bohrgeräte und über 6000 Fachkräfte.

Bestandsanlagen vor 2045 austauschen

  • Verwaltung besser ausstatten: Die Genehmigungsbehörden müssen sich in die Lage versetzen, ziel- und umsetzungsorientiert zu agieren, etwa durch eine vorausschauende Anpassung der Stellenpläne und die konsequente Besetzung dieser Stellen. Weiterbildungsangebote für die Verwaltungsmitarbeiter*innen müssen etabliert werden.
     
  •  Erneuerbar statt fossil fördern: Der Einbau fossiler Heizungen muss so schnell wie möglich untersagt werden. Bestandsanlagen müssen deutlich vor dem Jahr 2045 ausgetauscht werden. Bund und Länder müssen entsprechende Anreizprogramme jetzt entwickeln. Parallel soll der Gesetzgeber elektrische Energie für Wärmepumpen von Steuern und Abgaben entlasten.

Kurzfristige Datenbereitstellung

  • Daten bereitstellen: Die vorhandenen geologischen Daten müssen durch die jeweiligen Landesdienste vervollständigt werden. Die Landesdienste müssen die Daten des Untergrundes bis 200 Meter Tiefe kurzfristig und diejenigen bis 400 Meter mittelfristig flächendeckend (offen und digital) bereitstellen.
     
  • Gesellschaftliche Akzeptanz fördern: Oft schrecken die anfänglich höheren Investitionskosten Immobilieneigentümer ab und versperren die Sicht auf die geringen langjährigen Betriebskosten, die die Wirtschaftlichkeit der Anlagen dominieren. Aufklärung und gezielte Informationskampagnen durch geeignete Multiplikatoren sind notwendig. Mit einer Modernisierungsoffensive für öffentliche Gebäude sollen Kommunen, Länder und Bund vorangehen und Referenzen für Nachahmer schaffen. Auch private und öffentliche Wohnungsgesellschaften mit großem Bestand müssen motiviert werden, ihren Investitionsbedarf schnell umzusetzen. (lm)