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Von Gotha bis Neuss: Wie zwei innovative KWK-Anlagen die Wärmewende voranbringen

In Gotha und Neuss verbinden zwei neue KWK-Anlagen Automatisierung, Effizienz und Klimaschutz. Damit könnten sie Vorbildcharakter entwickeln.
15.08.2025

Die neue KWK-Anlage in Gotha ist seit dem 13. August in Betrieb.

Von Daniel Zugehör

Die Energiewende in Deutschland gewinnt weiter an Tempo – nicht nur in den Metropolen, sondern auch in der Fläche. Am 13. August haben die Gothaer Stadtwerke Energie ihre neue innovative Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (iKWK) am Heizkraftwerk Ost im Stadtteil Siebleben offiziell in Betrieb genommen.

Die Anlage kombiniert gleich drei Technologien – Blockheizkraftwerk (BHKW), Luft-Wärmepumpe und Power-to-Heat – und gilt als Herzstück der lokalen Wärmewende. Mit einem flexiblen Zusammenspiel dieser Module wird künftig der CO₂-Ausstoß um rund 230 Tonnen jährlich gesenkt, 400 Haushalte werden mit klimafreundlicher Wärme versorgt.

Klimaneutralität bis 2045

Sven Anders, Geschäftsführer der Stadtwerke, unterstrich den wirtschaftlichen Effekt: Durch die Nutzung überschüssiger erneuerbarer Energie, die Einbindung von Umgebungsluftwärme und den gezielten Einsatz des BHKW zur Spitzenlastdeckung können Gasverbrauch und Preisschwankungen deutlich reduziert werden – ein Pluspunkt auch für die Fernwärmepreise.

Die innovative KWK-Anlage ist Teil eines umfassenden Investitionsprogramms von insgesamt 16 Millionen Euro für den Ausbau und die Modernisierung der Heizkraftwerke in Gotha. Bis 2045 wollen die Stadtwerke 100 Prozent klimaneutrale Fernwärme liefern.

Während Gotha mit der neuen innovativen KWK-Anlage einen wichtigen Schritt in der dezentralen Wärmewende setzt, zeigt Eon in Neuss, wie industrielle Energieversorgung mit Automatisierung funktioniert.

Digitales Kraftwerk mit Autopilot

Am Standort der Kartonfabrik von MM Neuss hat Eon eine neue Gas- und Dampfturbinen-KWK-Anlage in Betrieb genommen, die europaweit erstmals in dieser Größenordnung vollständig über eine intelligente Steuerungslösung geregelt werde, teilte der Konzern mit. Kernstück ist die digitale Plattform "E.ON IQ Energy", die den Betrieb für bis zu 72 Stunden vollkommen unbeaufsichtigt erlaube.

Demnach vernetzt sie Marktdaten, Produktionsprozesse und Netzanforderungen in Echtzeit, passt die Dampf- und Stromproduktion automatisch an und überträgt optimierte Fahrpläne direkt in die Kraftwerksleittechnik. "Die Anlage steuert ohne manuelle Eingriffe die unterschiedlichen Dampf- und Stromerzeuger an und garantiert damit die effizienteste Betriebsweise – immer mit Blick auf die hohen Verfügbarkeitsanforderungen unserer Kunden", so ein Eon-Sprecher auf Nachfrage.

Effizienz trifft Netzstabilität

Die smarte Steuerung sorge dabei nicht nur für höchste Energieeffizienz, sondern stabilisiere auch das Stromnetz. Sinkt der Strompreis, bezieht die Anlage vermehrt Energie aus dem Netz und reduziert die eigene Last. Steigen die Preise, wird KWK-Strom eingespeist. Unvorhergesehene Schwankungen in der Produktion lassen sich über die automatisierte Teilnahme am Intraday-Markt in Echtzeit abfedern.

Spitzenwerte bei Wirkungsgrad und CO₂-Bilanz

Mit 22 Megawatt elektrischer und 59 Megawatt thermischer Leistung erreicht das Kraftwerk einen Brennstoffnutzungsgrad von bis zu 91 Prozent und spart jährlich bis zu 22.000 Tonnen CO₂ ein. Ein vollautomatisiertes Reservekesselsystem gewährleistet nahtlose Umschaltung zwischen Haupt- und Reservebetrieb ohne Personaleinsatz.

Wasserstoff im Blick

Bereits heute kann die Anlage bis zu zehn Prozent Wasserstoff im Brennstoffgemisch nutzen. Perspektivisch ist ein vollständiger Wasserstoffbetrieb möglich. "Mit der Kombination aus modernster Kraftwerkstechnologie, Digitalisierung und Wasserstoffbereitschaft schaffen wir eine zukunftssichere Infrastruktur", betont Manfred Wirsing, Mitglied der Geschäftsführung der Eon Energy Projects, in der Mitteilung.