Wärme

Mehr Frauen, mehr Effizienz: BEW will Berlins Fernwärme neu denken

Berlins neues Landesunternehmen BEW steckt mitten in der Wärmewende. Mit technischem Feingefühl, Systemumbau im laufenden Betrieb und gezielter Frauenförderung will es bis 2045 klimaneutral werden.
16.05.2025

Blick auf das Heizkraftwerk Mitte der Berliner Energie und Wärme (BEW).

Von Pauline Faust und Hanna Bolte

In Berlin stehen die Zeichen auf Umbruch. Das neue kommunale Unternehmen BEW hat mit der Dekarbonisierung der Fernwärme eine Herkulesaufgabe vor sich.

Bis 2030 möchte Berlin aus der Steinkohleverbrennung aussteigen. “Wir kommen aus der Zeit der Großkraftwerke. Heute müssen wir Resilienz denken” sagt Carolin Süß, Leiterin für Neubauprojekte bei der BEW beim jüngsten Treffen des ZfK-Frauennetzwerks.  

Zusammenspiel der Technologien 

Die sichere Wärmeerzeugung soll durch eine Kombination aus Biomasse, unvermeidbarer Abwärme, Erdgas, Power-to-Heat, Großwärmepumpen und Wärmespeicherung gewährleistet werden. Das Ziel ist es, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. 

"Wir sprechen heute nicht mehr davon, einfach ein Kraftwerk auf der sprichwörtlichen grünen Wiese zu errichten, um damit ein altes Kraftwerk zu ersetzen", erklärt Süß. Stattdessen arbeite die BEW an bestehenden Standorten – dort stehen Anlagen, die aktuell in Betrieb sind und nach wie vor eine zentrale Rolle für die Versorgungssicherheit spielen. 

“An genau diesen Standorten errichten wir bereits neue Kraftwerke.” In einigen Fällen müssten bestehende Anlagen sogar zunächst zurückgebaut werden, um Platz für Neues zu schaffen. “Unser Ziel ist heute nicht mehr der Eins-zu-eins-Austausch von Technologie. Vielmehr setzen wir auf ein Zusammenspiel verschiedener Technologien, die wir systematisch integrieren und miteinander verknüpfen." Die besondere Schwierigkeit ist es, die Erneuerung im laufenden Betrieb unterzubringen. 

Süß betreut zwei Standorte im Bereich Neubau – Marzahn und Klingenberg. Von dort aus versorgt die BEW den östlichen Teil Berlins, insgesamt hängen rund 450.000 Wohneinheiten an diesen Anlagen. "Es handelt sich um denkmalgeschützte Standorte mit einer langen Geschichte. Vor Ort zu sein, diese Technik mit Vergangenheit und Zukunft zu erleben – das macht einfach richtig viel Spaß." 

“Keineswegs nur Männersache” 

Für die Transformation wird die BEW noch einiges an Fachkräften benötigen. "Wir wollen natürlich weiter in der Stadt wachsen – und das heißt auch, gezielt auf das Thema Frauen in technischen Berufen zu schauen”, sagt Theresa Matthes, Leiterin Betrieb Fernwärme bei der BEW. “Gerade in meinem Bereich liegt der Frauenanteil aktuell bei nur 8 Prozent – da ist noch deutlich Luft nach oben." 

Viele der Mitarbeitenden arbeiten als Monteure im Außeneinsatz, und oft seien es die kleinen Dinge, die eine große Veränderung anstoßen können, zum Beispiel Duschmöglichkeiten an Standorten zu schaffen – denn die fehlten bislang teilweise. “Ein weiterer Schritt wird sein, die vorhandenen Einrichtungen so umzuorganisieren, dass auch Frauen selbstverständlich mitgedacht werden.” 

Die Kooperation mit dem Verein Live ist ebenfalls ein Ansatz, über den die BEW gezielt junge Frauen ansprechen will, etwa durch Schulpraktika oder Schnuppertage. "Wir wollen zeigen: Technische Berufe sind keineswegs nur Männersache."

Tempo und Effizienz zusammendenken

Um das Ziel der Dekarbonisierung zu erreichen, muss das Fernwärmenetz weiter ausgebaut werden. In Berlin ist es bereits über 2.000 Kilometer lang und wächst jedes Jahr um weitere circa 20 Kilometer, wie die BEW berichtet. Dieses Tempo zu halten, sei jedoch nicht einfach, so Matthes.  

Sie setzen auf einen Maßnahmenkatalog, etwa eine intelligente Steuerung des Ausbaus: "Wir haben eine Clusterung in betriebliche Ausbaugebiete vorgenommen, bei der wir zum Beispiel auf den hydraulischen Abgleich achten, also ob die Nähe zu großen, bestehenden Fernwärmeleitungen vorhanden ist." Der Ausbau des Fernwärmenetzes ist entscheidend für die Dekarbonisierung. 

Das Ziel bestehe darin, die Leitungen so effizient wie möglich in den Straßenzügen zu verlegen. Das bedeute, so viele Anschlüsse wie möglich zu bauen. "Auch wenn jemand noch eine funktionierende Gasheizung hat, können wir ihm einen Anschlussvertrag anbieten und die Anbindung ans Fernwärmenetz vornehmen. Dabei stehen wir aber erst in den Startlöchern."