Entsorgung

Bundesverwaltungsgericht: Tübingener Verpackungssteuer ist rechtens

Die Stadt Tübingen erhebt seit Anfang 2022 eine Steuer auf Einwegbecher und Essensverpackungen. Nachdem die Vorinstanz das für rechtswidrig erklärt hatte, sieht das Bundesverwaltungsgericht die Sache anders. Doch das dürfte nicht der letzte Rechtsstreit gewesen sein.
25.05.2023

Tübingens OB Boris Palmer vor dem Bundesverwaltungsgericht: Dort wurde die Klage von McDonald’s gegen die Tübinger Steuer für Einweg-Verpackungen verhandelt.

 

Die Universitätsstadt Tübingen geht mit einer eigenen Verpackungssteuer gegen Müllberge aus Pommesschachteln und Kaffeebechern vor – und hat dafür jetzt Rückenwind vom Bundesverwaltungsgericht erhalten. Das oberste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig erklärte die Tübinger Verpackungssteuersatzung im Wesentlichen für rechtmäßig ((Az.: BVerwG 9 CN 1.22). Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) sprach nach der Urteilsverkündung von einem «tollen Tag für Tübingen und für den Klimaschutz allemal».

Die Betreiberin einer McDonald’s Filiale in Tübingen hatte gegen die Steuer geklagt, unterstützt von dem Fast-Food-Konzern, und in der Vorinstanz beim Verwaltungsgericht (VGH) in Mannheim gewonnen. Gegen dieses Urteil hatte Tübingen Revision eingelegt, über die jetzt in Leipzig entschieden wurde.

McDonald’s prüft Verfassungsbeschwerde

McDonald’s bedauerte die Entscheidung des Gerichts und kündigte an, dass die Franchise-Nehmerin eine Verfassungsbeschwerde prüfen wolle. «Aktuell gilt es nun erst einmal, noch die schriftliche Begründung des Gerichts abzuwarten», hieß es vom Konzern.

Seit Anfang 2022 werden in Tübingen je 50 Cent für Einweggeschirr und Einwegverpackungen sowie 20 Cent für Einwegbesteck fällig. Pro «Einzelmahlzeit» sollte die Steuer laut Satzung auf höchstens 1,50 Euro beschränkt sein. Zahlen müssen die Verkäufer der Speisen und Getränke – nach Angaben der Stadt rund 440 Betriebe in Tübingen.

„Abfallrecht hat sich geändert“

Das Bundesverwaltungsgericht wies in der mündlichen Verhandlung wiederholt darauf hin, dass sich das Abfallrecht in den vergangenen 25 Jahren geändert habe. In einem Eingangsstatement betonte die Vorsitzende Richterin Prof. Ulrike Bick zudem die Größe des Problems.

Sie zitierte Zahlen der Deutschen Umwelthilfe (DUH), wonach in Deutschland jährlich 2,8 Milliarden Einwegbecher verbraucht würden. «Diese enorme Zahl zeigt, dass es nicht nur ein Abfall- sondern auch ein Ressourcenproblem ist.»

„Örtliche“ Steuer ist rechtens

Anders als der VGH gehen die Bundesrichter davon aus, dass es sich durchaus um eine örtliche Steuer handle. Deshalb darf die Stadt eine solche auch erheben. Mahlzeiten zum Mitnehmen werden meist sehr bald gegessen, die Verpackungen bleiben also «typischerweise» im Gemeindegebiet.

Auch einen Widerspruch zu Abfallregeln des Bundes und der EU erkannte der Senat nicht. Vielmehr verfolgten alle – der Bund, die EU und die Stadt Tübingen – dasselbe Ziel.

Kritik und Lob für das Urteil

Die Anwälte von McDonald's hatten vor einem bundesweiten Flickenteppich gewarnt, sollte sich Tübingen durchsetzen. «Es wird mindestens 80 Kommunen geben, die Verpackungssteuersatzungen erlassen», sagte Anwalt Peter Bachmann. Für bundesweit tätige Unternehmen wie McDonald's sei das kaum zu bewältigen.

Die Umwelthilfe forderte Städte und Gemeinden auf, dem «Tübinger Erfolgsmodell» zu folgen und den Druck auf Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zu erhöhen, damit eine bundesweite Einweg-Abgabe auf «to-go»-Verpackungen eingeführt wird. Der Verband kommunaler Unternehmen begrüßte, dass Kommunen mit Steuern gegen eine Vermüllung vorgehen können. (dpa/hp)