Neues Forschungszentrum für Kreislaufwirtschaft
Anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens hat die Werner Siemens-Stiftung (WSS) mit Sitz in Zug/Schweiz einen Ideenwettbewerb zur Gründung eines WSS-Forschungszentrums ausgeschrieben. Dort sollen Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung erforscht werden.
Nun steht der Gewinner fest: Das RWTH-Team um Jürgen Klankermayer vom Lehrstuhl für Translationale Molekulare Katalyse und Regina Palkovits vom Lehrstuhl für Heterogene Katalyse und Technische Chemie setzte sich gegen 122 weitere Ideenskizzen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz durch.
Katalysatoren, die Bindungen brechen
Die WSS stattet das Zentrum für einen Förderzeitraum von zehn Jahren mit insgesamt 100 Millionen Schweizer Franken aus. Damit soll ein Forschungszentrum aufgebaut werden, das den Weg zu einer kreislauffähigen chemischen Industrie ebnen soll.
Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten steht die Katalyse: „Bislang haben Chemiker:innen meist neue Katalysatoren gesucht, die Bindungen knüpfen“, erklärte Klankermayer. „Aber es braucht auch Katalysatoren, die Bindungen brechen, und wir müssen bei der Herstellung der zukünftigen Produkte das Recycling gleich mitdenken.“
Fokus auf dem Kunststoffsektor
Der erste Fokus des Projekts "Catalaix: Katalyse für eine Kreislaufwirtschaft" liegt auf dem Kunststoffsektor. Heute werden nur neun Prozent aller Kunststoffe rezykliert – etwa PET-Flaschen, die zerkleinert und wieder zu neuen PET-Flaschen geformt werden.
Für einen ganzheitlichen Ansatz seien solche eindimensionalen Kreisläufe nicht geeignet, sagte Palkovits. „Verschiedene Kunststoffe werden in verschiedenen Mengen produziert, und ihre Lebensdauer ist unterschiedlich: Eine Verpackung muss nach vielleicht einem halben Jahr wieder in den Kreislauf integriert werden, eine Gebäudeisolation erst nach 30 Jahren.“
Rückführung auf molekulare Bausteine
Das Aachener Team wird Kunststoffe durch die Kombination von chemischen, elektrochemischen und mikrobiellen Katalyseverfahren in wiederverwendbare Ausgangsstoffe umwandeln. Dass dies funktionieren kann, haben sie bereits für diverse Kunststoffklassen demonstriert.
Die Idee der Forschenden geht dabei über einzelne und isolierte Stoffkreisläufe hinaus. Sie werden die Kreislaufwirtschaft nach dem «Open-Loop-Prinzip» weiterentwickeln. Das bedeutet: Die molekularen Bausteine, die als Ausgangsstoffe durch das Recycling entstehen, sind maßschneiderbar und derartig vielseitig einsetzbar, dass sie sich je nach Bedarf auch in andere Wertschöpfungsketten und Materialkreisläufe einspeisen lassen. Das wird die Grundlage schaffen für eine flexible, mehrdimensionale Kreislaufwirtschaft. (hp)