Pilotstudie zu Power-to-X bei der Müllverbrennung
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Michaela Schröder, Geschäftsführerin der Gemeinschaftsmüllverbrennungsanlage GMVA Niederrhein. Die GMVA zählt mit einer Entsorgungskapazität von rund 700.000 Tonnen Abfall im Jahr zu den größten Müllverbrennungsanlagen in Deutschland.
Bild: © GMVA Niederrhein
Ziel der Studie, die die Gemeinschaftsmüllverbrennungsanlage GMVA Niederrhein derzeit durchführt, ist eine Roadmap für eine zukunftsfähige Syntheseroute. Sie soll als Grundlage für die Senkung von Produktionskosten bei gleichzeitiger Steigerung des Wettbewerbsvorteils dienen. Ein Interview mit der Geschäftsführerin der GMVA, Michaela Schröder.
Was erwarten Sie sich von der Studie und wie sieht der Ablauf aus?
Unser Ziel ist eine Roadmap für eine zukunftsfähige Syntheseroute als Grundlage für die Senkung von Produktionskosten bei gleichzeitiger Steigerung des Wettbewerbsvorteils.
Die Roadmap soll in einem mehrstufigen Prozess ab 2025 realisiert werden. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert das Projekt im Rahmen des Programms progres.nrw – Innovation. Das Ergebnis der Studie wird für September erwartet. Partner sind Remondis Energy & Services, MAN Energy Solutions und das Institut für Energie und Umwelttechnik (IUTA).
Was bezwecken Sie mit der Syntheseroute genau?
Mit der Syntheseroute wird das im chemischen Prozess gewonnene Element CO2 mit anderen Elementen wie z.B. Wasserstoff (H2) zu einem anderen Produkt wie z.B. Methanol oder Methan umwandelt. Bei der Syntheseroute geht es um die Auswahl bzw. Entscheidung, in welches Produkt man das Element CO2 umwandeln will. Ziel ist es dabei, das unerwünschte CO2 in einen Rohstoff zu verwandeln und wieder in den Stoffkreislauf zurückzuführen, um fossile Quellen zu vermeiden.
Da bei der Umwandlung von CO2 und Wasserstoff in eine Energieform bzw. einen Verwendungszweck „X“ Strom benötigt wird, nennt man dieses Verfahren auch „Power-to-X“. Während die behandelte Abfallmenge in einer Thermischen Abfallbehandlungsanlage (TAB) bislang weitgehend konstant ist, unterliegt die Nachfrage nach elektrischer Energie bereits heute jahreszeitlichen Schwankungen, die zukünftig durch den Ausbau von Wind- und PV-Anlagen weiter zunehmen werden. Daher steigt die Bedeutung des netzdienlichen Betriebs der KWK- und neu zu errichtender Power-to-X-Anlagen an TAB zur Netzstabilisierung.
Lassen sich die Ergebnisse auch auf andere Müllverbrennungsanlagen übertragen?
Am Beispiel einer konkreten MVA werden in dem Vorhaben erstmals Methoden zur systematischen Bewertung verschiedener Power-to-X-Technologien an TAB entwickelt. Die Durchführbarkeitsstudie soll zu einer transparenten Technologieauswahl anhand von geeigneten Kennzahlen und einer Auswahlmatrix führen. Damit können die methodischen Ansätze und qualitativen Aussagen zur Technologieauswahl von Power-to-X an TAB voraussichtlich auch auf andere Standorte übertragen werden.
In den Niederlanden wurden bereits zwei Pilotanlagen gebaut, die aber auf dem Standardverfahren Aminwäsche beruhen. Aus unserer Sicht bietet Aminwäsche zwar den höchsten technischen Reifegrad, benötigt aber auch einen hohen Energieeinsatz. Da wir aber weiter als regionaler Energieerzeuger gebraucht werden, müssen wir den zusätzlichen Energiebedarf auf ein Minimum reduzieren.
Die GMVA beschäftigt sich schon seit Längerem mit Wasserstofferzeugung. Wie sieht das aus?
Wir beschäftigen uns in der Tat bereits seit rund zwei Jahren zusammen mit MAN mit dem Thema Wasserstofferzeugung an Müllverbrennungsanlagen. Uns war damals schon klar, dass vor dem Hintergrund der Zielsetzungen zum Klimawandel eine CO2-Reduktion an Thermischen Abfallbehandlungsanlagen nötig ist. Dabei haben wir als Emittent einer biogenen CO2-Quelle im Gegenzug zu anderen Industrien ein hohes Potenzial für CO2-Negativemissionen. Allerdings haben uns Corona und die recht lange Wartezeit im Rahmen der Förderung hier eingebremst, unter normalen Bedingungen wären wir heute schon einen Schritt weiter.
Die GMVA zählt zu den größten TAB-Anlagen in Deutschland. Was ist das Besondere an der GMVA?
Die GMVA zählt mit einer Entsorgungskapazität von rund 700.000 Tonnen Abfall im Jahr zu den größten Müllverbrennungsanlagen in Deutschland. Sie produziert jährlich rund 430 GWh elektrische Energie, 100.000 bis 200.000 MWh Fernwärme und ungefähr 2,2 Mio Tonnen Dampf. Der Abfallmix besteht zu rund 50 Prozent aus biogener Herkunft.
Im Jahr emittiert die Anlage durchschnittlich jeweils rund 350.000 Tonnen CO2 biogenen sowie fossilen Ursprungs und weist für die Realisierung einer Synthese von Kohlenwasserstoffen unter Verwendung von abgeschiedenem CO2 einige Standortvorteile auf. Aufgrund der räumlichen Nähe besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Anbindung an eine Erdgas-, Wasserstoff- sowie Ethen-Pipeline. Außerdem ist wegen der zentralen Lage im Ruhrgebiet der Absatz von Produkten sowohl in der Stahlindustrie als auch chemischen Industrie möglich. (hp)
Das Interview führte Christina Hövener-Hetz.