Karriere

Büropflicht führt bei Frauen zu Stress

Nach der Corona-Krise geraten Arbeitnehmerinnen gleich mehrfach unter Druck: durch mehr Präsenzpflicht im Betrieb sowie mehr Verantwortung bei der Kinderbetreuung und in der Pflege.
04.09.2024

Im Homeoffice bekommen Frauen den Spagat zwischen Familie und Berufstätigkeit leichter hin.

Das Ende der Corona-Pandemie hat für Arbeitnehmerinnen in Deutschland neue berufliche Herausforderungen und Belastungen gebracht. Besonders auffällig ist dies bei angeordneter Präsenzpflicht im Büro. Das belegt die aktuelle Deloitte-Studie „Women @ Work", für die im vierten Jahr in Folge 5000 Arbeitnehmerinnen aus zehn Ländern befragt wurden.

Zum Einstieg zeigt die Studie unter 500 Teilnehmerinnen in Deutschland, wie weit verbreitet eine derartige Büropflicht ist. So gab jede Fünfte an, dass ihr Arbeitgeber sie verpflichtet habe, an einigen Arbeitstagen ins Büro zu kommen; bei fast jeder Sechsten galt eine solche Verpflichtung für sämtliche Arbeitstage.

Arbeitgeber schaden sich selbst

Von den Frauen mit einer teilweisen Verpflichtung, im Büro zu arbeiten, berichten 22 Prozent, dass sich dies negativ auf ihre Stressbelastung oder ihr psychisches Wohlbefinden ausgewirkt habe. In der zweiten Gruppe mit vollständiger Büropflicht berichteten sogar 37 Prozent von derartigen Folgen.

Zugleich zeigt die Studie, dass solche Vorgaben auch negative Auswirkungen für Arbeitgeber bringen – vor allem im Fall der vollständigen Büropflicht. Unter den Studienteilnehmerinnen mit einer derartigen Präsenzpflicht baten 32 Prozent um eine Reduktion ihrer Arbeitszeit.

Flexibilität sehr gefragt

29 Prozent sehen ihren Arbeitgeber aufgrund der Büropflicht negativer. 19 Prozent von ihnen schätzen sich selbst als weniger produktiv ein, und 22 Prozent sehen sich gezwungen, umzuziehen, um im Idealfall günstiger zu ihrem Bürostandort zu wohnen.

Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel sind derartige Folgen für Arbeitgeber nicht zu vernachlässigen. „Je mehr Flexibilität der Arbeitgeber bietet, desto mehr Möglichkeiten eröffnen sich, insbesondere für Frauen“, erklärt Sandra Mühlhause, Chief People Officer bei Deloitte Deutschland. „Hybride Arbeitsmodelle sollten zusätzliche Freiräume schaffen, um Arbeitszeit und -ort je nach Bedarf an die individuelle Situation anzupassen.“

Kinderbetreuung durch Mütter nimmt zu

Die Studie bietet auch eine mögliche Erklärung, weshalb eine Büropflicht so problematisch für viele Frauen ist. So zeigt sie, wie viele Frauen sich neben ihren beruflichen Pflichten auch um Kinderbetreuung und häusliche Pflege kümmern – und wie ungleich diese Aufgaben verteilt sind.

Zum einen wächst der Anteil der Studienteilnehmerinnen, die die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung in ihrem Haushalt übernehmen, von 41 Prozent im Vorjahr auf 45 Prozent. Weltweit stieg dieser Anteil ebenfalls um vier Prozentpunkte von 46 Prozent im Vorjahr auf 50 Prozent.

Männer pflegen selten

Noch stärker ist das Ungleichgewicht bei der Betreuung von Erwachsenen, wie etwa von pflegebedürftigen älteren Verwandten. Weltweit stieg der Anteil der Frauen, die die Hauptverantwortung für diese Aufgabe tragen, von 44 Prozent im Vorjahr auf 57 Prozent. Zugleich übernehmen weltweit nur zehn Prozent der Männer hier die Hauptverantwortung – ein Unterschied von 47 Prozentpunkten zuungunsten der Frauen.

In Deutschland ist dieser Unterschied noch größer. Hier tragen bei 54 Prozent der Paare die Frauen die Hauptverantwortung, und nur bei drei Prozent die Männer. Dieser Unterschied von 51 Prozentpunkten ist um fünf Punkte höher als im Vorjahr. (hp)

Hier geht es zur Studie Women @ Work 2024“ (engl.).