Karriere

Die meisten Karriere-Websites könnten ein Fresh-up vertragen

Die Hochschule RheinMain (HSRM) hat zum 13. Mal die Karriere-Websites bedeutender Arbeitgeber in Deutschland analysiert. Demnach stagniert seit vier Jahren bei vielen die Qualität. Überraschend im Hinblick auf den Fachkräftemangel, da Websites nunmal das Aushängeschild einer Firma sind.
02.11.2023

Wer seine Karriere-Website gut pflegt, findet in diesen Zeiten viel eher Personal.

„Studien und Befragungen bestätigen immer wieder, dass die Karriere-Website für potenzielle Bewerber:innen nach wie vor zu den wichtigsten Kanälen zählt, um sich über Arbeitgeber:innen zu informieren", so Thorsten Petry, Professor am Fachbereich Design Informatik Medien der Hochschule RheinMain (HSRM). Gemeinsam mit Professor Dr. Wolfgang Jäger und Sebastian Meurer hat er zum 13. Mal in Folge die Karriere-Websites bedeutender Arbeitgeber:innen in Deutschland untersucht.

Die Stichprobe von 126 Unternehmen beinhaltet neben den größten Firmen im Land auch viele wichtige Mittelständler und ausgewählte, große öffentliche Arbeitgeber:innen (z.B. öffentliche Institutionen, Städte, Bundesländer, Stadtwerke).

"Einige Arbeitgeber:innen sind bereits sehr gut aufgestellt, andere haben große Baustellen. Der erreichte Erfüllungsgrad variiert zwischen sehr guten 84 Prozent und erschreckenden 15 Prozent."
Sebastian Meurer, Hochschule RheinMain (HSRM)

Der Durchschnitt liegt bei 61 Prozent

Die Studienbefunde zeigen, dass sich nach deutlichen Fortschritten bei der Gesamtqualität der Karriere-Websites zwischen 2015 und 2019 seitdem kaum noch etwas an der Präsentation verändert hat. In der Regel erreichen die untersuchten Karriere-Websites einen Erfüllungsgrad der Anforderungen von knapp 61 Prozent.

„War diese Stagnation 2020/21 noch mit der Coronapandemie zu begründen, verwundert es jetzt doch sehr",  sagt Petrys Kollege Sebastian Meurer. "Zur Wahrheit gehört es aber auch, dass die Analyseergebnisse eine große Spannweite in der Qualität der untersuchten Karriere-Websites aufzeigen. Einige Arbeitgeber:innen sind bereits sehr gut aufgestellt, andere haben große Baustellen. Der erreichte Erfüllungsgrad variiert zwischen sehr guten 84 Prozent und erschreckenden 15 Prozent.“ Der Gesamtsieg geht 2023 an die Karriere-Website von Otto. Auf Platz Zwei und Drei liegen die Rewe-Gruppe und Lidl.

Die größten Schwächen bei der eigenen Vermarktung

Bewertet wurden die Kriterien: Zugang, Information, Candidate Experience und Funktionalität. Am erfreulichsten sind die Analyseergebnisse im Hinblick auf die Kriterien im Bewertungscluster Candidate Experience. Mit einem Mittelwert von 76 Prozent schneidet dieses Analyse-Cluster erstmals am besten von allen ab. „Die Wichtigkeit der Unterstützung einer strukturierten, konsistenten und zielführenden Benutzerführung ist in den letzten Jahren bei vielen Arbeitgebern beziehungsweise den Verantwortlichen für die Karriere-Website angekommen“, so Petry.

Gut umgesetzt waren beispielsweise die Verwendung einfacher und klarer Sprache, die leichte Erfassbarkeit der Seitenaufteilung, klar erkennbare Sinn-Gruppen, eine angemessene Navigationsbreite/-tiefe und eine konsistente Anmutung/Gestaltung.

Optimierungspotenziale zeigen sich dagegen vor allem bei der ausreichend prominenten Platzierung von Ziel-, Fach- beziehungsweise Engpassgruppen. Auch das Angebot ergänzender Informationen als Download oder die (jederzeitige) Erreichbarkeit der Stellensuche sind oft nicht oder nicht ausreichend gegeben. Ebenso schwächelt die Zugänglichkeit für Sehbehinderte und Gehörlose. Zudem sollten Arbeitgeber darauf achten, ob ihre Website tatsächlich schnell zu erfassen ist und ob Inhalte auch emotional vermittelt werden. Am niedrigsten ist der durchschnittliche Erfüllungsgrad im Bewertungs-Cluster: Funktionalität und Interaktion.

Warum sich eine Überarbeitung gerade jetzt lohnt

Vor dem Hintergrund der weit verbreiteten Beschwerden über einen schwierigen Bewerbermarkt verwundert diese Stagnation. Nicht mal jedes zehnte Unternehmen nutzt zum Beispiel die Möghlichkeit, Leads zu generieren, indem potenzielle neue Mitarbeiter:innen als einfachste Form der Interessenbekundung einfach einen Kontakt (zum Beispiel eine E-Mail-Adresse) hinterlassen können.

So werden viele Chancen verschenkt, womit man neue Mitarbeiter auf einem sehr leichten Weg von sich zu überzeugen könnte. (ah)