DIW: Homeoffice-Nutzung variiert stark

Die Zufriedenheit von Beschäftigten hinsichtlich ihres Einkommens, ihrer Arbeit und generell ihres Lebens ist bei den Beschäftigten, die (auch) im Homeoffice tätig sind, durchweg höher als bei Mitarbeitern, die nicht diese Möglichkeit haben.
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Die Nutzung des Homeoffice ist in Deutschland mit der Corona-Pandemie nachhaltig gestiegen. Übten vor der Pandemie nur knapp 25 Prozent der Arbeitnehmenden ihren Beruf zumindest gelegentlich oder bei Bedarf im Homeoffice aus, waren es nach Ende der Homeoffice-Pflicht ab März 2022 mit fast 40 Prozent deutlich mehr.
Der Anteil derer, die mindestens einmal pro Woche das Büro in den eigenen vier Wänden nutzen, ist von gut elf auf fast 30 Prozent gestiegen. Das geht aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) hervor.
Ursache der Veränderung ist ganz klar auf Corona zurückzuführen
„Die Corona-Pandemie hat Homeoffice in Deutschland von einer Ausnahme zu einem wichtigen Bestandteil des Arbeitsalltags gemacht", sagt Jan Goebel, Bereichsleiter im Geschäftsbereich Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) des DIW Berlin.
Für die Analyse hat Goebel gemeinsam mit seiner Kollegin Sarah Satilmis und Linus Seikat vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Daten aus den Jahren 2014 bis 2022 ausgewertet. Dabei untersuchten sie die Nutzung des Homeoffice sowohl nach Arbeitsplatzmerkmalen wie der Branche und der Unternehmensgröße als auch nach persönlichen Merkmalen wie dem Bildungsabschluss und der Haushaltszusammensetzung.
Nutzung schwankt je nach Qualifikation und Arbeitszeit
So stieg der Anteil von Homeoffice bei unqualifizierten Jobs und Tätigkeiten mit Berufsausbildung von niedrigen einstelligen Prozentzahlen vor der Pandemie auf 12,4 Prozent beziehungsweise 27,8 Prozent nach dem Ende der Pandemiemaßnahmen. Im Gegensatz dazu wuchs der Homeofficeanteil bei Arbeitsstellen, die einen Hochschulabschluss erfordern, von 57 Prozent vor der Pandemie auf 70,3 Prozent nach dem Wegfall der Homeoffice-Pflicht.
Auch in Bezug auf die Arbeitszeit ergeben sich klare Unterschiede: Während geringfügig Beschäftigte kaum im Homeoffice arbeiten, war der Anteil unter Vollzeitbeschäftigten bereits vor der Pandemie höher als unter Teilzeitbeschäftigten und ist im Verlauf weiter gestiegen.
Unternehmensgröße und Branche ausschlaggebend
Während der Anstieg der Nutzung von Homeoffice bei Beschäftigten in Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitenden durchschnittlich zehn Prozentpunkte zwischen dem Vor-Pandemie-Niveau und dem Niveau nach Ende der Homeofficeregelungen beträgt, liegt die Differenz bei Beschäftigten, die in größeren Unternehmen tätig sind, sogar bei bis zu 30 Prozentpunkten.
Auch variiert der Anstieg der Homeoffice-Nutzung stark zwischen unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen und Unternehmensgrößen. Insbesondere in der öffentlichen Verwaltung, im Grundstückswesen und bei den Finanzdienstleistungen arbeiten mit bis zu 80 Prozent mittlerweile deutlich mehr abhängig Beschäftigte als vor der Pandemie zumindest gelegentlich von zu Hause aus. Bei freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen war der Anteil des Homeoffice schon vor der Pandemie recht hoch und ist dann nicht mehr so stark gestiegen wie in anderen Branchen.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Beschäftigte mit Kindern arbeiteten durchgehend häufiger im Homeoffice als jene ohne Kinder, unabhängig von der Pandemiephase. Das Angebot von Homeoffice könnte so langfristig eine Flexibilisierung möglich machen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern.
Geschlechterunterschiede sind in der Nutzung von Homeoffice hingegen kaum zu beobachten. Zu Beginn der Pandemie nutzten Paare häufiger Homeoffice als Singles, dieser Unterschied nivellierte sich jedoch im weiteren Verlauf.
Höhere Arbeitszeiten bei größerer Zufriedenheit
Frühere Analysen zeigten bereits, dass sowohl die Wochenarbeitszeit als auch die Zufriedenheit bei Beschäftigten, die Homeoffice nutzen, höher ist. Diese Ergebnisse bestätigen sich über den Zeitraum der Pandemie hinweg. Beschäftigte im Homeoffice haben in allen Abschnitten des Analysezeitraums eine höhere durchschnittliche Arbeitszeit (knapp 39 Stunden pro Woche in Präsenzarbeit und knapp 41 Stunden im Homeoffice).
Sowohl die Einkommens- als auch die Arbeits- und generelle Lebenszufriedenheit der Beschäftigten, die im Homeoffice tätig sind, ist fast durchweg höher als die der Beschäftigten, die gar nicht im Homeoffice sind. Homeoffice dürfte daher laut DIW grundsätzlich positiv bewertet werden. International war es bereits vor der Pandemie deutlich verbreiteter, was darauf hindeutet, dass Deutschland hier Aufholpotenzial hatte.
Politik und Unternehmen in der Pflicht
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Homeoffice sich in Deutschland etabliert hat und insgesamt nicht auf das Vorpandemieniveau zurückgefallen ist. Sowohl Unternehmen als auch die Politik seien nun gefragt, diesen Wandel nachhaltig zu unterstützen, schlussfolgern die Studienautor:innen.
„Finanzielle Anreize für den Ausbau der digitalen Infrastruktur und gezielte Schulungsangebote für Führungskräfte und Mitarbeitende könnten dazu beitragen, die Option des Homeoffice auch in kleineren Unternehmen weiter zu verbreiten und damit die Chancengleichheit zu fördern“, so Studienautor Goebel. (bs)