Frauennetzwerk mit Anne Rethmann: Warum Transformation auch Verlernen bedeutet

Anne Rethmann (links), Finanzvorständin der Thüga und Laura Partikel, Managerin Netzwerk Frauen in der Kommunalwirtschaft
Bild: © Screenshot ZfK
Von Hanna Bolte
Anne Rethmann, Finanzvorständin der Thüga, war zu Gast beim ZfK-Frauennetzwerk und hat unter dem Leitthema "Transformation gestalten: Mut, Struktur und die Freude am Wandel" über ihren beruflichen Werdegang und ihr Verständnis von Transformation gesprochen. Ein Gebiet, auf dem ihr zu Recht eine Vorreiterrolle zugeschrieben werden kann.
In ihrem Vortrag sprach sie über Veränderungsprozesse, die sie in Projekten für Unternehmen begleitet hat, aber auch über Transformation und Wandel bei sich selbst, in ihrer Karriere und in ihren Herangehensweisen.
"Ich muss niemandem etwas beweisen"
Rethmann begann 1994 bei der Gesellschaft für Systemforschung und Dienstleistungen im Gesundheitswesen, später Siemens Medical Solutions. Dort durchlief sie verschiedene Stationen und wurde 2001, mit Anfang 30 zur Kaufmännischen Geschäftsführerin ernannt.
Eine Rolle, in die sie sich erst hineinfinden musste. "Ich habe mich damals unglaublich unter Druck gesetzt. Ich dachte: Jetzt bin ich Geschäftsführerin, jetzt muss ich alles wissen, alles richtig machen." Heute sieht sie in diesem Kampf eine wichtige Wandlungs-Situation für sich selbst.
"Der Punkt, an dem ich erkannte habe, dass ich niemandem etwas beweisen muss, war für mich unglaublich wichtig. Es hat mir mehr Gelassenheit, mehr Ruhe gegeben und ich habe gemerkt, wie viel mehr ich durch diese andere Herangehensweise erreiche."
Komfortzone nein danke
Mit der Übernahme des Unternehmens durch Siemens, stand für Rethmann eine weitere persönliche Weiterentwicklung bevor. Nach der Zusammenlegung der beiden Bereiche stellte sich die Frage, wer in Zukunft die Leitung übernehmen wird. "Ich hatte einen Riesenrespekt vor dem Konzern Siemens. Das war für mich ein großer Name und ich stand vor der Entscheidung: Werfe ich da meinen Hut in den Ring?"
Aus heutiger Sicht schmunzelt die zweifache Mutter bei dem Gedanken an ihr damaliges Zögern. Es ging ganz klar um die Angst davor, die eigene Komfortzone zu verlassen, wie sie sagt. "Ich habe es gemacht, ich bin es geworden und ich habe gelernt, dass man vor Größe und vor Professionalität nicht zurückscheuen muss."
Dinge verlernen und neu denken
Nach ihrer Zeit in der Gesundheitswirtschaft und in der Infrastruktur, hat die heutige Finanzvorständin der Thüga ihren Weg in die Energiebranche gefunden. Ein Wechsel, für den es Offenheit, die Bereitschaft, neues zu lernen und viel Eigeninitiative brauchte.
In den Fokus stellte sie dabei das Prinzip von "Learn and Unlearn". "Es braucht die Fähigkeit zu erkennen, was ich aus der alten Welt übertragen kann. Ein Bewusstsein dafür zu haben, was mache ich weiter und wo muss ich vielleicht auch Dinge ‘verlernen’ und neu ansetzen, weil das Umfeld ein anderes ist."
Mut zum Realismus
Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Rethmann unter dem Titel "Transformation ist mehr als ein Schlagwort" ein großes Transformationsprojekt der Autobahn des Bundes vor, bei der sie fünf Jahre als Geschäftsführerin tätig war.
Im Jahr 2016 wurde entschieden, dass alle Aktivitäten rund um das Planen, Bauen und Betreiben von Autobahnen aus den Auftragsverwaltungen der Länder rausgenommen und in eine gemeinsame GmbH des Bundes überführt werden – eine der größten Infrastrukturreformen der letzten Jahre und ein enormes Transformationsprojekt, bei dem rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den öffentlichen Behörden zu Angestellten einer GmbH umgegliedert wurden.
"Es war eine große Aufgabe, ein riesiges Projekt und was steht am Anfang einer solchen Transformation? Ein Plan." Ein Plan, der wie zu erwarten, bei einem Vorhaben dieser Größenordnung, mehr als umfangreich war.
Um die Fülle der Ziele und Aufgaben zu bewältigen, zerlegte das Team um Rethmann den Plan. "Wir haben geschaut: Was ist eigentlich realistisch? Was können wir erreichen? Was ist das Mindeste, was wir brauchen?" Fragestellungen, die im gesamten Verlauf des Projektes immer wieder als Orientierung dienten.