Karriere

KI "Ella" ist rund um die Uhr erreichbar

In einem Interview erklärt Frank Barbian, Geschäftsführer der Stadtwerke Homburg, den Einsatz der KI „Ella“ und erläutert, warum das Projekt nicht Personal einsparen, sondern Mitarbeiter entlasten soll.
10.10.2024

Die Einsatzmöglichkeiten künstlicher Intelligenz werden immer vielfältiger.

Vielerorts stellen sich Fachleute aktuell die Frage, ob KI die Antwort auf den Fachkräftemangel ist. Die Stadtwerke Homburg (SWH) haben ein KI-Tool im Einsatz, aber nicht um dem Mangel an Personal entgegenzuwirken.

Dem Versorger geht es darum, für die Kund:innen zu Spitzenzeiten und über die Öffnungszeiten hinaus erreichbar zu sein und vorhandene Fachkräfte zu entlasten. Die SWH ist dank ihrer digitalen Sprachassistentin Ella seit September des vergangenen Jahres 24/7 für ihre Kund:innen erreichbar.

Ein Interview mit Frank Barbian, Geschäftsführer der Stadtwerke Homburg

ZfK: Ist „Ella“ Ihr bislang einziges Anwendungsgebiet für KI und welchen Grund gab es, dieses Projekt zu realisieren?Barbian: Ja, aktuell nutzen wir die KI nur für unsere digitale Sprachassistentin Ella. Uns ist es wichtig, dass möglichst alle Anliegen unserer Kund:innen aufgenommen werden können, ohne dass diese zu viel Zeit in Warteschlangen verbringen – gerade bei großem Kundenaufkommen, wie zum Beispiel während der Ablesung und der Abrechnung.

Welche Vorteile haben Sie durch den Einsatz von Ella und somit die Nutzung der KI in Ihrem Stadtwerk erfahren?
Die Erreichbarkeit über unsere Öffnungszeiten hinaus ist ein großer Vorteil für unsere Kund:innen. Wir sind jetzt 24/7 für sie erreichbar. Egal, wann ein Problem auftaucht, sie können jederzeit damit zu uns kommen. Das schenkt natürlich auch den Kund:innen ein sichereres Gefühl.

Welche Herausforderungen und Hürden mussten bei der Einführung und Implementierung überwunden werden?
Da wir nicht das erste Stadtwerk waren, verlief die Einführung aufgrund des Austauschs mit anderen Stadtwerken recht reibungslos. Eine Herausforderung war die Einhaltung des Datenschutzes und die Akzeptanz der Mitarbeitenden. Deshalb haben wir allen Mitarbeitenden das Testen innerhalb der Testphase ermöglicht.

Des Weiteren war es schwierig, die Abfragen den einzelnen Unternehmensbereichen zuzuordnen, da sich die Themen teilweise überschneiden, wie zum Beispiel Fragen zu PV-Anlagen, Shared Service und Netzen.

Wie haben Sie die Probleme zum Thema Datenschutz und Datensicherheit im Zusammenhang mit KI gelöst?
Es wurde eine Datenschutzabfrage in der Abfragestrecke der KI eingebaut, bei deren Verneinung das Gespräch abgebrochen wird. Wir gehen hier gesetzeskonform und mit äußerster Sorgfalt vor, insbesondere mit Blick auf die Dateneinwilligung und die Datenspeicherung.

Wie hat sich der Einsatz der KI auf die Arbeitsweise und Aufgaben Ihrer Mitarbeitenden ausgewirkt?
Die Arbeitsweise hat sich dadurch insofern verändert, als dass aus Inbound-Telefonie Outbound-Telefonie wurde. Kund:innen werden jetzt zurückgerufen. Durch vorherige Abfrage des Kundenanliegens ist für den Mitarbeitenden eine Vorbereitung auf das Gespräch möglich. Die Vermittlung von Gesprächen durch eine Telefonzentrale entfällt zum großen Teil.

Haben Sie vor der Implementierung spezielle Schulungen oder Weiterbildungen für Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit KI-Technologien angeboten?
Wir haben allen Mitarbeitenden in der Vorbereitungszeit Schulungen zum Thema Kommunikation und Deeskalation angeboten, um in der Phase einer solch großen Umstellung sprechfähig zu sein. Des Weiteren bilden die Mitarbeitenden, die im Kundenservice direkt mit Ella arbeiten, sich im Rahmen einer Community mit anderen Stadtwerken fortlaufend weiter. Sie tauschen sich aus, was die Technik angeht. Auch im Marketing findet ein regelmäßiger Austausch statt.

Sie haben jetzt schon über mehrere Monate Reaktionen mitbekommen. Welche gab es da, sowohl intern als auch extern?
Ganz unterschiedlich. Von Neugier, Offenheit, positiver Akzeptanz und Skepsis war alles dabei. Bei den Kund:innen sind die Erfahrungsberichte ganz unterschiedlich. Technikaffine Kund:innen bewerten die Kontakte mit Ella positiv. Aber auch hier gibt es andererseits natürlich kritische Stimmen.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung von KI in Stadtwerken? Welche Trends oder neuen Technologien erwarten Sie, auch bei Ihnen im Haus?
Die Entwicklung der Technologie schreitet voran, daher wird sich auch unsere KI immer weiterentwickeln. In Zukunft können auch automatisierte Weiterleitungen an hausinterne Arbeitskreise erfolgen.

KI unterstützt uns bei unseren täglichen Arbeiten. Aktuell gilt es, die vorhandene KI-Telefonie technisch zu optimieren. Natürlich sind im Rahmen der Digitalisierung weitere Einsatzbereiche sehr gut vorstellbar, da die Automatisierung auch bei uns ein wichtiges fortschrittliches Thema ist.

Was empfehlen Sie anderen Stadtwerken, die ebenfalls planen, KI-Technologien zu implementieren?
Jedes Stadtwerk muss die eigenen internen Prozesse vorab genau unter die Lupe nehmen. Die eigenen Abläufe müssen mit der KI in Einklang gebracht werden. Nur dann kann der Einsatz von KI funktionieren.

Den Einführungszeitpunkt sollte man bewusst wählen, also in ruhigen Zeiten oder dem Sommerloch. Durch gezieltes und vor allem frühzeitiges Marketing gilt es, Akzeptanz zu schaffen für Kund:innen und Mitarbeitende. Wir empfehlen darüber hinaus den regelmäßigen Austausch und die Kooperation mit anderen gleichgesinnten Stadtwerken.


Das Interview führte Midjana Mujkanovic

Dieser Beitrag wurde bereits in der September-Ausgabe der Printzeitung veröffentlicht. Zum Abo geht es hier.