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Kommunale Unternehmen haben erstmals weniger Frauen in Topetagen als Dax-Konzerne

Nur etwa jede fünfte Neubesetzung bei kommunalen Unternehmen war im vergangenen Jahr eine Frau. Die Diskussion um verpflichtende Kodizes dürfte damit weitergehen.
12.07.2023

Frauen sind in der Topetage von Firmen größerer Städten einer Studie zufolge zuletzt langsamer vorangekommen als in deutschen Börsenschwergewichten. (Symbolbild)

Frauen sind in der Topetage von kommunalen Unternehmen zuletzt langsamer vorangekommen als in deutschen Börsenschwergewichten. Zwar stieg der Anteil weiblicher Führungskräfte in kommunalen Unternehmen von 69 analysierten Städten im Untersuchungszeitraum März/April gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 0,9 Prozentpunkte auf 21,5 Prozent, wie aus der Auswertung der Zeppelin Universität Friedrichshafen hervorgeht. In der Führungsetage der 40 Dax-Konzerne lag der Frauen-Anteil nach Daten der gemeinnützigen Allbright Stiftung mit 23,3 Prozent (Stichtag 1. März) aber höher.

"Die Repräsentation liegt in der Gesamtschau erstmalig unter den Werten der DAX-40-Unternehmen, was besonders starke Diskussionen geben dürfte", sagen Professor Ulf Papenfuß und Christian Arno Schmidt vom Lehrstuhl für Public Management & Public Policy an der ZU. "Auch die substanziellen Unterschiede bei den Neubesetzungen sind besonders diskussionswürdig."

Entwicklung bei Neubesetzungen

Der Unterschied zwischen Kommunalwirtschaft und Dax-Konzernen dürfte demnach vor allem auf die gesetzlichen Vorschriften für börsennotierte Unternehmen zurückzuführen sein, die es bei kommunalen Unternehmen nicht gibt. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und mehr als drei Vorständen müssen inzwischen bei der Neubesetzung in dem Gremium darauf achten, dass mindestens eine Frau in der Topetage sitzt (Zweites Führungspositionen-Gesetz).

Wie aus der Studie "Frauen in Top-Managementorganen öffentlicher Unternehmen - Ein deutschlandweiter Städteverlgeich" hevorgeht, kamen bei 21,9 Prozent der insgesamt neu zu besetzenden 269 Top-Posten in kommunalen Firmen zuletzt Frauen zum Zug. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 32,1 Prozent.

"Aus meiner Sicht sollte sich jede Gebietskörperschaft einen Public Corporate Governance Kodex geben, in dem die Anforderungen aus dem zweiten Führungspositionen-Gesetz zur Mindestbeteiligung von Frauen als Empfehlung aufgenommen werden sollten", so Papenfuß.

Diskussion um Kodizes

Einen Kodex mit klaren Regelungen könne jede Gebietskörperschaft kurzfristig einführen und müsse nicht auf den Gesetzgeber warten, so der Forscher weiter. In der Diskussion um gesetzliche Vorschriften oder Regulierungsalternativen seien Public Corporate Governance Kodizes demzufolge ein Schlüsselthema.

"Daseinsvorsorge und soziale Nachhaltigkeit müssen zusammen gedacht werden, um die fachlich und charakterlich besten Talente für die Zukunftsgestaltung zu bekommen", betonen Papenfuß und Schmidt. "Ein Kernthema guter Unternehmensführung ist, dass Chancengerechtigkeit besteht und nur geeignete Personen in Führungspositionen gelangen."

Spitzenreiter Offenbach

Bundesweit wurden 1429 kommunale Unternehmen in 69 größeren Städten einschließlich der Landeshauptstädte analysiert, in denen die öffentliche Hand die Mehrheit hat. Demnach waren 449 der insgesamt 2089 Posten im Vorstand, der Geschäftsleitung oder Geschäftsführung mit Frauen besetzt.

Spitzenreiter war wie schon in den Vorjahren das hessische Offenbach mit einem Frauenanteil von unverändert 42,1 Prozent in der Topetage kommunaler Firmen. Hannover belegte mit 37,5 Prozent (Vorjahr: 31,3 Prozent) Rang zwei, dicht gefolgt von Berlin mit 37,3 Prozent (Vorjahr: 36,4 Prozent). Einen Sprung nach oben machte Wittenberg. Die Stadt in Sachsen-Anhalt kam auf einen Frauenanteil von 35,7 Prozent, nach 15,4 Prozent im Vorjahreszeitraum.

Hohe Quoten in Ostdeutschland

Keine weiblichen Führungskräfte wurden in kommunalen Firmen in Trier Osnabrück, Ingolstadt, Neunkirchen und Völklingen festgestellt. Zwar gebe es vor allem in Neunkirchen, Trier und Völklingen nur vergleichsweise wenige kommunale Unternehmen, die entsprechend der Methodik der Studie berücksichtigt werden konnten, hieß es.

Allerdings sei in anderen Städten mit vergleichbar kleinen Beteiligungsportfolien ein höhrer Frauenanteil im Top-Management feststellbar, unter anderem in Weimar (33,3 Prozent) und Regensburg (23,1 Prozent). Mehr als die Hälfte der Städte mit mehr als 30 Prozent weiblich besetzten Top-Managementposten liegen den Angaben zufolge in Ostdeutschland. (jk mit dpa)

In diesem Zusammenhang möchten wir Sie auf die kostenlose Online-Paneldiskussion der Studienautoren dazu am 14. Juli von (9:00 bis 10:30 Uhr) aufmerksam machen. Zur Anmeldung geht es hier.