Kooperationen und Zusatzversorgung – ein Dauerbrenner

Bei Kooperationen und Zusammenschlüssen muss meist die Zusatzversorgung für Mitarbeiter neu geordnet werden.
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Die Gesamtlage der Energiewirtschaft wird dazu führen, dass Kooperationen, Fusionen, Joint Ventures, Care-Outs etc. erneut vermehrt in den Fokus von Gesellschaftern, Geschäftsführenden und Vorständen rücken (müssen). Dies gilt dann unmittelbar auch wieder für das Thema Zusatzversorgung.
Unabhängig davon, wie diese "Kooperationsprojekte” individuell rechtlich ausgestaltet werden, birgt jede Form ein nicht zu unterschätzendes monetäres Risiko durch Ausgleichszahlungen an die involvierten Zusatzversorgungskassen, wenn Mitarbeitende eines kommunalen Unternehmens ihren Arbeitgeber wechseln werden. Sei es, dass zwei Versorgungsunternehmen ihre Mitarbeiter in einer neuen gemeinsamen Gesellschaft bündeln, sei es durch teilweise Verschiebung von Personal oder Vollfusion.
Nicole Elert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Partnerin bei PricewaterhouseCoopers
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Abkehr von der Standortbetrachtung
Damit dieses Risiko angemessen gemanagt werden kann, bietet es sich nicht nur an, die unterschiedlichen Handlungsfelder (Zuordnung von Mitarbeiterbeständen, Neueinstellungen, Sicherheitengestellung bei Neugründung) in der Praxis auszudifferenzieren, sondern auch die zeitlichen Faktoren, wie z.B. für Verhandlungen mit den Zusatzversorgungskassen, sowie sich verändernde Formen in der Arbeitswelt im Blick zu haben. Waren in der Vergangenheit häufig standortbezogene Betrachtungen zielführend, hat sich die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nach neuesten Entwicklungen von dieser Betrachtungsweise gelöst. Dies wiederum erschwert die Verhandlungslösungen.
Auch die geänderten Arbeitsweisen in den Unternehmen, gerade bei Kooperationsvorhaben, erleichtern teilweise eine standortbezogene Betrachtung nicht. So können zum Beispiel gemischte Teams aus beiden kooperierenden Unternehmen sowie flexibles und remotes Arbeiten dazu führen, dass insbesondere die VBL stärker strukturelle Zuordnungen dergestalt fordert, dass Organisationsbereiche einer jeweiligen Kasse zugeordnet werden. Die beteiligten Versorgungskassen prüfen zudem sehr dezidiert, ob bei jeglicher Form von einvernehmlicher Sonderregelung die Interessen ihres jeweiligen Mitgliederbestandes auch hinreichend berücksichtigt werden, so dass eine ausgefeilte Vorbereitung seitens der Unternehmen unerlässlich ist.
Arne Ferbeck, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner bei PricewaterhouseCoopers
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Schwieriger Umgang mit dem Eigenanteil
In der Regel wird der Mitarbeiterbestand zu einem bestimmten Stichtag immer in der bisherigen Zusatzversorgungskasse verbleiben können. Diskussions- und Verhandlungspunkte sind aber nicht nur stets der Umgang mit Neueinstellungen, sondern auch die Höhe des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts sowie Stellenwechsler im neuen kooperierenden Unternehmen.
Hier ist zu berücksichtigen, dass die Satzung der VBL für die einzelnen Pflichtversicherten einen Eigenanteil von 1,81 Prozent vorsieht, was bei den übrigen Zusatzversorgungskassen nicht der Fall ist. Diese "Ungleichbehandlung" von Pflichtversicherten wird regelmäßig dazu führen, dass Unternehmen die Regelungen mit den Zusatzversorgungskassen durch haustarifvertragliche Gestaltungen flankieren müssen, die idealerweise auch die Zuordnung in Bezug nimmt, da diese Regelungen dann auch für Stellenwechsler Anwendung finden, ohne dass eine arbeitsvertragliche Änderung herbeigeführt werden muss.
Verpflichtungserklärung durch die Kommune
Soll eine neue Gesellschaft gegründet werden, die Bestandspersonal der einbringenden Gesellschaften aufnimmt, ist bereits ab der Planungsphase zu berücksichtigen, dass viele Zusatzversorgungskassen eine Sicherheit für eine Mitgliedschaft fordern, vgl. beispielsweise § 3 Ziffer 4 der Satzung der Kommunalen Zusatzversorgungskasse Westfalen-Lippe (kvw-Satzung) in Form der sogenannten Verpflichtungserklärungen (bürgschaftsähnlicher Charakter), wenn die neu gegründete Gesellschaft insolvenzfähig ist (bspw. eine GmbH).
Diese Verpflichtungserklärung ist von der – hinter der neu gegründeten Gesellschaft stehenden – Kommune abzugeben. Ebenfalls ist die Funktion der Kommunalaufsicht zu beachten, was mitunter bereits die Abgabe einer solchen Verpflichtungserklärung erschwert. Beliebig komplex wird diese Thematik auch dann, wenn die Gesellschafterstruktur aus mehreren Kommunen besteht.
Ausgleichsbetrag in Millionenhöhe
Herausfordernd für die Beteiligten wird es auch dann, wenn unterschiedliche Zusatzversorgungskassen, insbesondere die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), an einem solchen Vorhaben beteiligt sind. Hintergrund ist, dass zwischen der VBL und den Zusatzversorgungskassen der AKA (Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung) kein Überleitungsabkommen besteht, sondern nur ein Abkommen zur Anerkennung der Versicherungszeiten.
Wird nun im Rahmen einer Kooperation Personal aus unterschiedlichen Zusatzversorgungregimen (VBL einerseits, ZVK andererseits) zusammengeführt, führt dies nach reinem Satzungsrecht der Versorgungskassen zu einem vom abgebenden Arbeitgeber zu zahlenden Ausgleichsbetrag/Gegenwert (vgl. z.B. § 15c der kvw-Satzung). Dieser Ausgleichsbetrag kann sich je nach Historie des Unternehmens und des Versichertenbestandes sowie der Anzahl der Rentner auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen. Eben solche finanziellen Belastungen gilt es im Vorfeld zu identifizieren und Lösungen zu erarbeiten.
Damit gilt heute wie gestern, dass Geschäftsführende und Vorstände dem Thema Zusatzversorgung bei Kooperationsprojekten ausreichend Bedeutung beimessen müssen. (hp)