E-Mobilität

Energiepark Mainz produziert grünen Wasserstoff für Busse

Im Mainzer Energiepark wird tonnenweise Wasserstoff für Linienbusse hergestellt. Doch die schon vor Jahren bestellten Fahrzeuge wurden nicht geliefert. Nun muss der Auftrag erneut ausgeschrieben werden.
04.02.2020

Lieferengpässe bremsen das Wasserstoffprojekt des Energieparks Mainz aus.

Wasserstoff-Fahrzeuge können viel weiter fahren als batteriegetriebene E-Autos. Nach Einschätzung von Fachleuten sind sie besonders für den Bus- und Schwerlastverkehr geeignet. Im Rhein-Main-Gebiet sollen auch bald mit H2 betriebene Busse rollen – so die chemische Formel für Wasserstoff. Doch es fehlen geeignete Fahrzeuge. Bei den Zügen dauert es laut Planung noch fast drei Jahre. Im Energiepark Mainz wird in einem Vorzeigeprojekt der Energiewende bereits tonnenweise grüner Wasserstoff produziert – mit Hilfe von vier Windkrafträdern.

In drei Elektrolyseanlagen wird dafür Wasser in einem speziellen chemischen Verfahren in Sauerstoff und brennbaren Wasserstoff gespalten. "Der enthält die Energie von Strom", sagt der Leiter des Innovationsmanagements der Mainzer Stadtwerke, Jonas Aichinger. Gemeinsam mit dem Unternehmen Linde betreiben die Stadtwerke die Anlage. Abnehmer des Wasserstoffs sollen Fahrzeuge, Industrie und Haushalte sein.

Auftrag neu ausgeschrieben

Eigentlich sollten schon bald elf – bereits 2016 bestellte – Brennstoffzellenbusse mit dem Wasserstoff durch Mainz, Wiesbaden und Frankfurt fahren. Doch aus den Plänen wird erstmal nichts: Ein eigentlich zuverlässiges Unternehmen aus Süddeutschland habe die in Polen bestellten Busse nicht liefern können, heißt es in Mainz und Wiesbaden. Die beiden Landeshauptstädte schreiben jetzt gemeinsam europaweit neu aus, wie der Sprecher des Wiesbadener Verkehrsunternehmens ESWE, Christian Giesen, sagt. In Frankfurt sollen nach Darstellung der Nahverkehrsgesellschaft traffiQ Ende 2021 die ersten Wasserstoffbusse fahren. Dafür müssten aber noch diverse Hürden genommen werden.

In Belgien werden Busse für Wasserstoff hergestellt – und eben auch in Polen, wie Energietechnik-Fachmann Gregor Hoogers vom Umweltcampus Birkenfeld sagt. "In Deutschland sind derzeit keine zu kriegen."

Wasserstofftankstelle wird eröffnet

Die geplante Wasserstofftankstelle für Busse in Wiesbaden soll trotzdem am 27. Februar an den Start gehen. Rheinland-Pfalz und Hessen haben deren Bau mit je etwa einer Million Euro finanziert, wie es bei der Hessenagentur heißt. Beliefert wird die Tankstelle aus dem Energiepark Mainz.

"Wir glauben an die Technik und die Zukunft", betont Giesen aus Wiesbaden, trotz des Rückschlags bei den bestellten Bussen. Mit Leih- und Testbussen der Firma Winzenhöler aus Groß-Zimmern in Südhessen sollen erste Erfahrungen gesammelt werden. "Wir möchten ESWE mindestens ein Fahrzeug zur Verfügung stellen", sagt der Chef des Unternehmens, Christian Winzenhöler. Sein Fuhrpark habe insgesamt acht Wasserstoff-Busse: Fünf davon sind im Industriepark Höchst unterwegs und einer als erster im öffentlichen Nahverkehr in Hessen seit Mai 2019 rund um Darmstadt.

Industrie als einer der Hauptabnehmer

Bis zu 200 Tonnen grüner Wasserstoff sollen im Mainzer Energiepark pro Jahr produziert werden, wie Aichinger sagt. Derzeit seien es etwa 180 Tonnen. Für die Fahrzeuge und die Industrie sei der Löwenanteil von 80 Prozent bestimmt. Dafür wird der Wasserstoff im Energiepark auf Auflieger verladen. 200 Tonnen reichten aus, um etwa 40 Linienbusse zu betreiben.

Ein Bus mit einer E-Batterie schaffe bis zu 150 Kilometer am Tag, mit Wasserstoff komme er etwa doppelt so weit, rechnet Aichinger vor. Ähnliches gilt für Pkw: Ein E-Auto könne bis zu 300 Kilometer fahren, ohne zu Tanken. Beim Wasserstoff seien es bis zu 700 Kilometer. Ein weiterer Vorteil seien die kleineren Batterien in solchen Brennstoffzellenfahrzeugen, die entsprechend weniger seltene Materialien beinhalteten. Die elektrische Energie wird freigesetzt, wenn der Wasserstoff in einer Brennstoffzelle mit Sauerstoff reagiert.

Kommt die Zugtankstelle?

Im Zugverkehr wird Wasserstoff ebenfalls eine Rolle spielen. In Hessen will der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) vom Winterfahrplan 2022 an 27 solcher Züge einsetzen. Im Industriepark Höchst solle dazu eine Zugtankstelle errichtet werden, derzeit laufe das Genehmigungsverfahren, heißt es bei der Landesregierung in Wiesbaden.

In Rheinland-Pfalz wollen der Zweckverband SPNV Nord und das Verkehrsministerium untersuchen lassen, ob der Einsatz eines Wasserstoff-Zuges auf der Pellenz-Eifel-Strecke (Andernach - Mayen - Kaisersesch) möglich ist. Damit sollen Erkenntnisse über den Einsatz der neuen Technologie auf der Schiene gesammelt werden.

Schwarze Null wurde erreicht

Der Energiepark in Mainz-Hechtsheim ging vor rund acht Jahren als Forschungsprojekt an den Start und gehört zu den größten Anlagen seiner Art weltweit – kommerziell erfolgreich ist die Anlage aber noch nicht. "Die Investitionskosten sind abgeschrieben, wir kommen auf eine schwarze Null", sagt Aichinger bei einem Rundgang durch die Anlage. Rund 2000 Besucher zieht es jedes Jahr in den Energiepark, etwa die Hälfte aus dem Ausland.

Im Mainzer-Stadtteil Ebersheim werden schon 1000 Hausanschlüsse vom Energiepark mit dem umweltfreundlichen Wasserstoff versorgt. Diese Größenordnung sei bundesweit einzigartig, berichtet Aichinger. "Zehn Prozent des Erdgases ersetzen wir durch Wasserstoff." Etwa ein Fünftel des im Energiepark hergestellten Wasserstoffs wird in das lokale Erdgasnetz eingespeist und versorgt so klimaneutral Privathaushalte.

Importe aus Nordafrika

"Ohne Wasserstoff können wir die Klimaziele von Paris nicht erreichen", betont Aichinger. "Langfristig werden wir dafür aber auch Wasserstoff importieren müssen, vermutlich aus Nordafrika." (dpa/amo)