Deutschland

Debriv: Kohleausstieg wiegt schwer für sämtliche Industriezweige

Der Strukturwandel habe geringe Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, konstatierte jüngst eine Studie des Öko-Instituts. Dies sieht der Bundesverband Braunkohle (Debriv) ganz anders.
26.07.2018

Die Studie des Öko-Instituts über die überschaubaren Auswirkungen des Kohleausstiegs auf den Arbeitsmarkt bekommt kräftigen Gegenwind.

Erst jüngst hat das Öko-Institut im Auftrag des Umweltbundesamtes eine Studie über die Folgen des Kohleausstiegs erarbeitet. Das Ergebnis: Der Kohleausstieg habe weniger Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in der Braunkohleindustrie als befürchtet. Auch wenn die Förderung von Braunkohle bis zum Jahr 2030 stärker zurückgehe, seien kaum betriebsbedingte Kündigungen nötig. Hintergrund dieser Annahmen ist die Alterststruktur der Beschäftigten im Tagebau und in den Kraftwerken. Bis 2030 gehen ohnehin fast zwei Drittel der aktuell 20 800 Mitarbeiter in den Ruhestand.

Aus Sicht des Deutschen Braunkohlen-Industrie-Vereins (Debriv) verkennt die Untersuchung die Tragweite für die Arbeitsmarktsituation von branchenverwandten Wirtschaftszweigen. „Hier wird ein Thema mit großer gesellschaftlicher Relevanz bewusst kleingeredet. Mit dieser Realitätsferne kann die Studie des Öko-Instituts keine belastbare Grundlage für die Diskussion um die Zukunft der Reviere sein“, erklärt Helmar Rendez, Vorstandsvorsitzender des Verbandes.

93 000 Arbeitsstellen hängen indirekt an der Kohle

Die Stilllegung von Kohlekapazitäten würde zu einem deutlichen Strompreisanstieg führen, so Rendez weiter. Die Auswirkungen gerade auf die energie- und arbeitsplatzintensiven Industrien wären gravierend. Dabei geht es um zehntausende Stellen bei Lieferanten und Partnerunternehmen sowie bundesweit um hunderttausende bei der energieintensiven Industrie. Allein im Braunkohleland Nordrhein-Westfalen hängen laut einer aktuellen Studie der Industrie- und Handelskammer Aachen, Köln und Mittlerer Niederrhein 93 000 Arbeitsplätze indirekt an der Kohle.

Zudem vergeben die Unternehmen der Braunkohlenindustrie in Deutschland im Zusammenhang mit der Instandhaltung und Modernisierung ihrer Tagebaue und Kraftwerke jedes Jahr Aufträge mit einem Volumen von mehreren Milliarden Euro an andere Firmen. Ohne diese Aufträge seien viele Arbeitsplätze in anderen Wirtschaftszweigen akut gefährdet, erklärt Rendez.

Neueinstellungen wichtig für Stärkung der Region

Besonders kritisch sieht der Debriv die Annahmen des Öko-Instituts in Bezug auf Neueinstellungen. Die Studie stellte fest, dass die Hälfte der Beschäftigten in der Kohlebranche über 50 Jahre alt sind, demgegenüber sank der Anteil der 15 bis 20-Jährigen bis 2014 auf 4,5 Prozent. Neueinstellungen würden aufgrund dieser Altersstruktur wegfallen oder sich in andere Wirtschaftszweige verlagern. Laut Rendez habe das jedoch nichts mit der betrieblichen Praxis zu tun."Kontinuierliche Ausbildung und Wissenstransfer an junge Beschäftigte sind für jedes Wirtschaftsunternehmen unerlässlich. Das gilt natürlich auch für die Braunkohlenindustrie.“ Zudem würde ein Verzicht auf Neueinstellungen den Verlust von hunderten Ausbildungsplätzen für qualifizierte Berufe bedeuten. Das würde eine positive Strukturentwicklung in den Regionen erheblich erschweren und junge Menschen dazu zwingen, die Region zu verlassen. (ls)