Deutschland

Netzgipfel: Energieminister fordern zügige Entscheidungen

Neun Landesminister fordern mehr Tempo beim Netzausbau. Die Chancen der Digitaliserung sollten stärker genutzt werden.
19.09.2018

Die Netze müssen schneller ausgebaut werden. In diesem Punkt sind sich alle Akteure einig.

Für Donnerstag (20. September) hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die zuständigen Energieminister zu einem sogenannten „Netzgipfel“ nach Berlin geladen. Anlässlich dieses Treffens haben die Energieminister von neun Bundesländern in einem gemeinsamen Brief an Altmaier zehn Punkte zur Beschleunigung des Netzausbaus formuliert. Der Brief wurde von den Energieministern der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen unterzeichnet.

„Vom Netzgipfel muss ein klares Signal ausgehen, dass Bund und Länder ihre Verantwortung ernst nehmen und der Netzausbau nicht weiter verschleppt wird“, forderte Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht. Die Unterzeichner fordern, dass der Kohlestrom vor den Netzengpässen herausgenommen und Platz für erneuerbare Energien geschaffen wird. Weiter sollte der Bund in der Netzplanung die Chancen der Digitalisierung stärker berücksichtigen. „Zentral ist, dass zügig Entscheidungen getroffen werden“.

Untersteller: Den Netzausbau vom Ende her denken

Der baden-württembergische Umwelt- und Energieminister Franz Untersteller betonte: „Wir müssen den Netzausbau vom Ende her denken.“ Will heißen: Die langfristig geplanten Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien müssen bereits jetzt beim Netzausbau berücksichtigt werden. Dies spare  später viel Zeit und Kosten. „Außerdem muss der Netzgipfel künftig regelmäßig stattfinden“, forderte Minister Untersteller.

Von derzeit 7700 gesetzlich vorgesehenen Leitungskilometern im Stromübertragungsnetz wurden bisher nur 950 Kilometer realisiert. In fast allen Bundesländern müssten dafür die Netze ausgebaut werden. Und vielerorts zeigten sich ähnliche Probleme: Die Verfahren ziehen sich hin, die Betroffenen protestieren und die Kosten für die Netzeingriffe steigen. In den letzten anderthalb Jahren habe es intensive Gespräche auf Fachebene gegeben, wie der Netzausbau beschleunigt werden kann. Nun bedarf es jedoch auch eines starken Signals von politischer Ebene.

Lichtblick fordert Reformen der Netze

Der Ökostrom-Anbieter Lichtblick fordert im Vorfeld des Berliner Netzgipfels eine umfassende Reform der Netze in Deutschland. „Die Vorschläge von Minister Altmaier für neue Stromleitungen greifen zu kurz. Das ganze Netzsystem ist eine Blackbox und behindert die Energiewende. Wir müssen die bestehenden Leitungen erst einmal sinnvoll nutzen und die Kosten senken“, so Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft bei LichtBlick.

So fordert Lichtblick die Einrichtung von 25 regionalen Kompetenz- und Dienstleistungs-Clustern. Sie sollen die bisher zersplitterte Landschaft aus 900 lokalen Stromnetzen bündeln. „Die bürokratische Kleinstaaterei im Netz behindert die Netz-Digitalisierung und den Wettbewerb um neue Geschäftsmodelle wie virtuelle Kraftwerke und Mieterstrom“, sagt Lücking.

Die Zonen der ÜNB zusammenfassen

Bürokratie und Geld könne auch dadurch eingespart werden, dass die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Tennet, 50 Hertz, Amprion und TransnetBW Leitungen künftig zu einer deutschen Strom-Regelzone zusammenschließen. Die Bewirtschaftung von vier Regelzonen ist nicht mehr zeitgemäß.

Lichtblick fordert zudem eine wirkungsvollere Regulierung und mehr Transparenz bei den Netzkosten sowie eine Senkung der staatlichen Garantierenditen für die Betreiber. Die Netzentgelte sind mit 280 Euro der teuerste Posten auf der Stromrechnung der Haushalte. Die Kosten für die Stromleitungen belaufen sich auf über 25 Mrd. Euro im Jahr.

Netzriese: Wirksame Regulierung bei Netze von Eon gefordert

Zu guter Letzt warnt Lichtblick vor der großen Marktmacht von Eon, das die Strom- und Gasleitungen von RWE übernehmen will. „Hier ein entsteht ein Netzriese, der einen großen Teil der Energie-Lebensadern Deutschlands kontrolliert. Ohne wirksame Regulierung werden die Verbraucher dafür tief in die Tasche greifen müssen“, so Lücking. Nun sei die Politik gefordert, dass bestehende Regulierungs- und Transparenzdefizit aufzulösen.

Die Energieminister haben einen Zehn-Punkte-Plan aufgestellt für einen schnelleren Netzausbau. (al)