Deutschland

Nord Stream 2: SPD wirft Weber «energiepolitisches Irrlichtern» vor

Am Dienstag hatte CSU-Politiker Manfred Weber verkündet, er wolle sich im Falle seiner Wahl zum Chef der EU-Kommission für einen Baustop von Nord Stream 2 stark machen. Die SPD hält davon nichts:
24.04.2019

Der Streit um Nord Stream 2 geht kurz vor der Europa-Wahl weiter.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat die Ankündigung des CSU-Politikers Manfred Weber kritisiert, im Fall einer Wahl zum EU-Kommissionschef die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 blockieren zu wollen. Es sei nicht akzeptabel, wenn jetzt ausgerechnet der aus Deutschland stammende Bewerber um das höchste Spitzenamt in der Europäischen Union verkünde, dass er alles dafür tun wolle, das Pipeline-Projekt zu stoppen. «Das liegt nicht im Interesse Mecklenburg-Vorpommerns und auch nicht im Interesse Deutschlands insgesamt», sagte Schwesig in Schwerin.

Weber, der bei der Europawahl Ende Mai als Spitzenkandidat der konservativen Parteienfamilie EVP antritt, hatte der polnischen Zeitung «Polska Times» gesagt, dass er gegen das umstrittene Erdgas-Projekt ist. Die Pipeline sei nicht im Interesse der EU, weil sei die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen erhöhe, sagte er zur Begründung. Diese Haltung weicht aber von der der Bundesregierung ab, die Nord Stream 2 unterstützt. Etliche EU-Länder, darunter auch Polen, lehnen das Projekt jedoch ab, ebenso die USA, die selbst ein Interesse an Gasexporten nach Europa haben.

Bundesregierung auf Schwesigs Seite

Durch die rund 1200 Kilometer lange Unterwasserleitung Nord Stream 1 fließen schon seit 2011 pro Jahr rund 55 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Deutschland. Anlandepunkt ist Lubmin bei Greifswald. Der parallel verlaufende Doppelstrang Nord Stream 2 mit der gleichen Kapazität soll Ende 2019 fertiggestellt sein.

Nach Ansicht Schwesigs ist auch die zweite Gas-Leitung von Russland zur deutschen Ostseeküste wichtig für die künftige Energieversorgung. «Deutschland steigt richtigerweise aus der Atomenergie aus. Auch von der Kohle wollen wir uns verabschieden. Dann brauchen wir auf absehbare Zeit neben den erneuerbaren Energien auch Erdgas als Energieträger», sagte die SPD-Bundesvize zur Begründung. Nicht nur die Landesregierung in Schwerin, auch die Bundesregierung unterstütze daher seit vielen Jahren das Projekt.

Konter von SPD-Bundestagsfraktion

Rückendeckung erhielt Schwesig von SPD-Bundestags-Fraktionsvize Matthias Miersch: «Wer Nord Stream 2 in Frage stellt, macht sich von amerikanischem Fracking-Gas abhängig oder will die Atomkraft wieder beleben», sagte Miersch in Berlin. Gas sei ein wichtiger «Übergangs-Energieträger» für ganz Europa.

Der Verzicht auf zusätzliches russisches Gas könnte auch nach den Worten des Landrats von Vorpommern-Rügen, Stefan Kerth (SPD), die künftige Energiesicherheit in Deutschland und Europa gefährden. «Im Streit über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 gibt es einen von den Vertretern der EU-Staaten ausgehandelt Kompromiss. Darauf sollten alle Beteiligten vertrauen können», mahnte Kerth Rechtssicherheit an.

AfD auf Seite der SPD

Kritik an den Äußerungen des CSU-Politikers Weber kam auch von der AfD. «Weber geht es ganz offensichtlich nicht um die deutsche Energiesicherheit und bezahlbaren Strom, sondern um ein billiges Wahlkampfmanöver», erklärte der stellvertretende Vorsitzende der AfD im Bundestag und Landesparteisprecher, Leif-Erik Holm. Weber wolle ein sinnvolles deutsch-russisches Wirtschaftsprojekt zu Fall bringen. Damit stelle sich die Frage, ob er «noch der Kandidat der Kanzlerin für den Posten des Kommissionspräsidenten sein kann». (dpa/ls)