Räumung Hambacher Forst: Reul räumt Gespräche mit RWE ein
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat Gespräche mit dem Energiekonzern RWE im Vorfeld der umstrittenen Räumung im Hambacher Forst vor einem Jahr eingeräumt. Reul korrigierte damit seine Aussage in einem WDR-Interview in der vergangenen Woche, wonach er Gespräche über die Räumung der Baumhäuser der Braunkohlegegner nicht geführt habe.
Ein Blick in seinen Kalender habe ihm inzwischen gezeigt, dass diese Aussage nicht richtig gewesen sei, sagte Reul am Dienstagabend in Düsseldorf. Er habe am 16. Juli und am 15. August 2018 persönlich an solchen Gesprächen mit der Unternehmensleitung teilgenommen. Diese hätten im Innenministerium stattgefunden.
Zeitliche Abläufe anders in Erinnerung
"Die Äußerung in dem Interview war also nicht richtig und tut mir leid", so der Minister. Er habe die zeitlichen Abläufe zu diesem Zeitpunkt anders in Erinnerung gehabt. In der WDR-Sendung "Westpol" hatte Reul zuvor gesagt, er habe zu der Zeit keinen Kontakt mit RWE gehabt und betont: "Ich bin nicht der Erfüllungsgehilfe von irgendjemandem."
SPD und Grüne warfen Reul den Verlust von Glaubwürdigkeit vor. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Verena Schäffer, erklärte: "Es drängt sich zunehmend der Eindruck auf, dass es Absprachen zwischen der Landesregierung und RWE gegeben hat." Die Opposition verlangte Aufklärung in den Landtagsausschüssen und mit einer Großen Anfrage. "Die Wahrheit über die Vorbereitung der Räumung des Hambacher Waldes kommt weiterhin nur scheibchenweise ans Licht", sagte Schäffer. Reul müsse vollumfänglich beantworten, welche Inhalte in den Gesprächen mit RWE besprochen worden seien.
SPD: Begründung für Räumung abenteuerlich
SPD-Fraktionsvize Jochen Ott sagte, die Landesregierung habe unter Federführung von Reul und Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) die Räumung "mit abenteuerlichen rechtlichen Konstruktionen und bestellten Gutachten begründet". Jetzt habe Reul noch zugeben müssen, dass er sich vor der Räumung mit der RWE-Spitze getroffen habe. Die Sprecherin des Aktionsbündnisses "Ende Gelände", Kathrin Henneberger, warf Reul vor, sich in Lügen zu verstricken. Das Bündnis, zu dem auch Waldbesetzer gehören, forderte einen Untersuchungsausschuss im Landtag.
Im vergangenen Herbst war die Besetzung des Waldes durch Braunkohlegegner mit einer der größten Polizeiaktionen der jüngeren NRW-Landesgeschichte beendet worden. Im Zuge der Räumung waren 86 Baumhütten zerstört worden. Als Grund für die Räumung hatte das Bauministerium mangelnden Brandschutz und Gefahr für Leib und Leben der Waldbesetzer angegeben. Grundlage waren zwei Rechtsgutachten, um die jetzt ein Streit entbrannt ist. Nach der Räumung hatte Reul gesagt, dass er keine neuen Baumhäuser in dem Wald tolerieren werde.
60 neue Bauten in den Bäumen
Fast ein Jahr später gibt es laut Polizei inzwischen bis zu 60 neue Bauten in den Bäumen und bis zu 30 Konstruktionen am Boden. In dem Wald lebten rund 100 Personen. Seit 2012 wollen die Aktivisten mit der Besetzung die Rodung des Waldes für den Tagebau verhindern. Im Bereich des Hambacher Forstes und der Umgebung ermittelte die Polizei in den vergangenen Jahren immer wieder wegen politisch motivierter Straftaten.
Reul hatte immer betont, man müsse sich an alle Gesetze halten – auch an das Baugesetz. Es dürften in NRW keine rechtsfreien Räume zugelassen werden, auch nicht im Hambacher Forst. Der Weg über das Baurecht sei möglich gewesen. Das hätten die Gerichte in zwei Instanzen bestätigt.
Kohlekommission: Erhalt des Forsts "wünschenswert"
Die Kohlekommission bezeichnete später in ihren Empfehlungen für den Kohleausstieg den Erhalt des Hambacher Forsts als wünschenswert. RWE kündigte daraufhin an, die Möglichkeit des Erhalts zu prüfen. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte kürzlich der "Bild am Sonntag" gesagt: "Wir wollen den Hambacher Forst retten, wie es der Kohlekompromiss vorsieht, und das wird hoffentlich auch gelingen." (dpa/pm)