Deutschland

Sind die Hamburger klimafreundlich?

Obwohl die Mehrheit der Befragten des Hamburger-Klimachecks aussagte, das Verhalten "müsse klimafreundlicher werden", zeigt sich: Die Frage nach dem notwendigen Verzicht offenbart generationsübergreifende Überraschungen.
04.11.2019

Zusammen mit dem Hamburger Meteorologen und Klimaexperten Frank Böttcher (l.) stellt Hamburg Energie-Geschäftsführer Michael Prinz die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage vor.

Eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Hamburg Energie zeigt: Mit 69 Prozent ist die Mehrheit der Hamburger der Meinung, ihr Verhalten ändern zu müssen, um klimafreundlicher zu leben – insbesondere 18- bis 39-Jährige sehen das so (82 Prozent), teilte das Unternehmen mit. Die Bereitschaft zu konkreten Änderungen variiert allerdings je nach Altersgruppe. "Darüber hinaus schätzen sie oft nicht richtig ein, was sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen sind und wie sehr Ökostrom dabei hilft, klimafreundlicher zu leben", erläutert Hamburg-Energie-Geschäftsführer Michael Prinz.

Das Bewusstsein für den Klimawandel und seine möglichen Folgen hat sich aus Sicht des Hamburger Meteorologen und Klimaexperten Frank Böttcher deutlich erhöht: "War dieses Thema vor ein paar Jahren noch vielen egal, so melden sich heute immer mehr Menschen bei mir, um mehr über die Ursachen und Folgen des Klimawandels zu erfahren und was sie persönlich dagegen tun können."

Ist es Wunsch oder gelebte Realität?

Wenn es darum geht, den Lebensstil zu ändern und sich konkret klimafreundlich zu verhalten, sind vor allem die über 60-Jährigen ihren jüngeren Mitbürgern einen großen Schritt voraus, wie das Unternehmen feststellte. 57 Prozent von ihnen würden schon heute versuchen, auf Flugreisen zu verzichten (das tun 32 Prozent der 18- bis 39-Jährigen), 70 Prozent kaufen überwiegend regionale Lebensmittel ein (41 Prozent bei den Jüngeren) und 76 Prozent vermeiden Einwegprodukte (54 Prozent der Jüngeren).

Die andere Seite der Medaille: Indes gehen Jüngere, verglichen mit ihren über 60-jährigen Mitbürgern, häufiger protestieren und geben ihre Stimme öfter einer Partei, die sich konsequent gegen den Klimawandel einsetzt. Außerdem würde sich ein Drittel der Befragten einen wirksamen Effekt davon erhoffen, andere Menschen von klimabewusstem Verhalten zu überzeugen.

Umweltengagement je nach Alter unterschiedlich ausgeprägt

"Diese Ergebnisse sind höchst interessant, weil sie darauf hindeuten, dass Jüngeren der Verzicht im Bereich Mobilität besonders schwerfällt", so Umweltpsychologe Gerhard Reese von der Universität Koblenz-Landau und führt weiter aus: "Allerdings kann man ihnen dies schwerlich vorwerfen – sind sie doch in ein System hineingewachsen, in dem beispielsweise eine billige Flugmobilität erst möglich geworden ist. Ältere haben noch erlebt, dass Flugreisen ein teures und besonderes Vergnügen waren, das man sich nur selten geleistet hat."

Die hier vorliegenden Ergebnisse würden andere Studien bestätigen, die gezeigt haben, dass sich Umweltengagement je nach Alter auf verschiedenen Ebenen abspiele. "So finden sich beispielsweise immer mehr Jugendliche in der Bewegung "Fridays for Future" und anderen Klimaschutzinitiativen wieder oder wählen eher ökologische Parteien. Ältere hingegen sind häufig finanzielle Unterstützer von Umweltverbänden oder eben weniger mobil", kommentiert Reese.

Ältere können sich eher vorstellen, auf Auto oder Flugreisen zu verzichten

Auch die Bereitschaft, ihr zukünftiges Handeln klimafreundlicher auszurichten, ist insgesamt gesehen bei den Älteren größer. Besonders signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen würden sich in den Bereichen Auto, Flugreisen und Ernährung auftun, kommt die Befragung zum Schluss. So würden 47 Prozent der 40- bis 59-Jährigen, 40 Prozent der über 60-Jährigen und 27 Prozent der 18- bis 39-Jährigen komplett auf das Auto verzichten. Knapp ein Drittel der Befragten ist bereit, komplett auf Flugreisen zu verzichten, was zu 54 Prozent vor allem auf über 60-Jährige zutrifft.

Von den 18- bis 39-Jährigen ist nur rund ein Fünftel bereit, gänzlich auf Flugreisen zu verzichten. Hingegen ist die Bereitschaft bei Jüngeren größer, sich vegetarisch oder sogar vegan zu ernähren. Ein Viertel der 18- bis 39-Jährige kann sich dies vorstellen, im Gegensatz zu lediglich elf Prozent der über 60-Jährigen.

"Ökostrom wird zu wenig Relevanz für den Klimaschutz beigemessen"

Lediglich für ein Viertel der Befragten ist ein Wechsel zu einem Ökostromanbieter zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Option für mehr Klimaschutz. "Dieses Ergebnis zeigt, dass Ökostrom zu wenig Relevanz für den Klimaschutz beigemessen wird", erläutert Prinz. Dabei könne ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt durch den Bezug von Ökostrom seine Klimabilanz aufbessern und jährlich bis zu zwei Tonnen CO2 einsparen. Ein Umstieg auf Ökostrom sei kein großer Aufwand und binnen weniger Minuten vollzogen. "Es ist also ein kleiner Hebel mit großer Wirkung." Die vollständigen Untersuchungsergebnisse können hier eingesehen werden. (ab)