ZfK WärmewendeDeutschland

Merz' Mogelpackung: Die eklatanten Widersprüche der schwarz-roten Wärmepolitik

Deutschland steht vor einer Weggabelung: Entweder gelingt es, die Wärmewende endlich auf Kurs zu bringen – oder wir verfestigen fossile Abhängigkeiten unter grünem Etikett. Ein Gastbeitrag.
25.04.2025

Friedrich Merz, CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag und CDU-Bundesvorsitzender.

Gastbeitrag von
Jan Ossenbrink,
Gründer und CEO
Vamo


"Technologieoffenheit" wird im Vertrag 44 Mal beschworen – als sprachliche Kulisse für eine Politik, die auf die Verfestigung der Gasinfrastruktur setzt, der unter dem Deckmantel der Wasserstoffwirtschaft ein zweites Leben eingehaucht werden soll: inklusive heimischer Erdgasgewinnung und europäischem Wasserstoffnetz.

Der farbenfrohen Beschreibung wird daher sogar ein eigener Abschnitt gewidmet. Die Koalitionäre zeigen zudem großes Interesse an Innovationen in den Bereichen Kernfusion, Quantenmechanik und Höhenwind – sogar die Magnetschwebebahn wird noch einmal ins politische Schaufenster gestellt.

Fatales politisches Signal

Was im Gegensatz dazu ganz fehlt, ist eine Stellungnahme zum wichtigen und heiß debattierten Bereich der Wärmewende. Der Begriff selbst taucht im Vertrag kein einziges Mal auf – was viel sagt über den Fokus der künftigen Regierung auf einen energiepolitischen Schlüsselbereich, der rund 85 Prozent der Emissionen im Gebäudesektor ausmacht.

Die effizienteste und am einfachsten skalierbare emissionsfreie Heizungstechnologie – die Wärmepumpe – wird schlicht totgeschwiegen. Fazit: nicht erwähnenswert. Und das, obwohl eine Wärmeversorgung mit Wärmepumpen um den Faktor fünf bis zehn effizienter wäre, als eine mit Wasserstoff.

Diese Schieflage ist kein Zufall, sondern ein politisches Signal – und zwar ein fatales. Denn während unsere Nachbarländer längst auf Elektrifizierung und Effizienz setzen, verfestigt Deutschland neue geopolitische Abhängigkeiten. Die Risiken liegen auf der Hand: hohe Kosten, unklare Versorgungssicherheit und ein Aufgeben der Klimaziele.

Politische Paradoxien und verpasste Chancen

Ein weiteres Beispiel für die inkonsistente Ausrichtung ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Die Koalition kündigt mit markigen Worten die Abschaffung des "Heizungsgesetzes" an, welches es unter diesem Namen gar nicht gibt. Was wann in welcher Form an seine Stelle treten soll, wird nicht weiter erklärt. Gleichzeitig sollen aber Fördermechanismen bestehen bleiben, die genau auf diesem Gesetz basieren.

Das erzeugt nicht nur ein rechtliches Vakuum, sondern auch massives Misstrauen. Eigentümer, Installateure und Hersteller werden mit widersprüchlichen Botschaften konfrontiert – in einem Moment, in dem langfristige Investitionsentscheidungen anstehen.

Diese Inkohärenz trifft auf eine politische Debatte, die seit mehr als zwei Jahren ideologisch aufgeladen geführt wird. Statt sich nüchtern über Vor- und Nachteile von Technologien auszutauschen, geht es scheinbar nur noch darum, welche politische Farbe die Technologie hat.

Dabei zeigt der Blick ins Ausland längst, was funktioniert: Der Wärmesektor wird elektrisch. Die Wärmepumpe ist dort nicht Ideologie, sondern Standard. Wenn wir uns in Deutschland von solchen Fakten abkoppeln, riskieren wir, das Innovationsfenster der nächsten Jahre zu verpassen.

Planung statt Parolen

Was wir stattdessen brauchen, ist Technologieoffenheit – ohne Technologienaivität. Klar ist: Wärmepumpen dominieren in Zukunft den Markt. 70 Prozent der neu verbauten Heizungen in Europa werden Wärmepumpen sein – nicht, weil es politisch verordnet wird, sondern weil sie die überlegene Technologie sind. Im Neubau-Bereich sieht man diesen Trend bereits - auch in Deutschland. Wer CO einsparen will, muss zudem zuerst in den Heizungskeller – nicht aufs Dach und nicht an die Fassade. Diese Einsichten scheinen der deutschen Spitzenpolitik zu fehlen.

Ebenso entscheidend ist ein kluger Umbau der Förderarchitektur: Weg von einmaligen Investitionskostenzuschüssen, hin zu Finanzierungslösungen mit klarer, verlässlicher Timeline und Fokus auf messbare CO₂ Reduktionen. Eine lineare Absenkung der Förderhöhe über fünf Jahre schafft Planbarkeit, vermeidet Mitnahmeeffekte und schützt vor Nachfrageschocks.

Die Wärmewende ist kein Symbolprojekt, sondern ein Infrastrukturvorhaben mit enormer Tragweite und jahrzehntelanger Dauer. Eine inkonsistente Strategie verspielt Marktpotenziale – und Vertrauen von Industrie und Bevölkerung.

Was es jetzt braucht, ist eine Politik, die sich ehrlich macht: Ein klares Bekenntnis zu Elektrifizierung und Effizienz, eine planbare Förderstrategie, weniger Symbolpolitik – und den Mut, sich von fossilen Träumen zu verabschieden. Dabei geht es nicht um Technologiefeindlichkeit, sondern um Realismus: Wer Technologieoffenheit fordert, muss auch anerkennen, welche Lösungen bereits verfügbar und effizient sind.