Deutschland

SPD-Chefin Esken: "Ende der Gasumlage kommt noch in dieser Woche"

Um Deutschlands Energieversorgung zu sichern, ist die Bundesregierung im In- und Ausland aktiv. Zu Hause gehen die Debatten über Instrumente heftig weiter. Eine geplante Maßnahme steht auf der Kippe.
25.09.2022

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht auf dem Flughafen in Abu Dhabi neben der Ministerin für Klimawandel und Umwelt der Vereinigten Arabischen Emiraten, Mariam bint Mohammed Saeed Hareb Almheiri zum Airbus A340 der Luftwaffe für den Weiterflug nach Katar.

Zur Gewährleistung der Energieversorgung in Deutschland will die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit Golfstaaten ausbauen. Bundeskanzler Olaf Scholz reiste dazu am Wochenende in die Golfregion. In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) schloss der Essener Energiekonzern RWE am Sonntag einen Vertrag über eine erste Lieferung von Flüssiggas (LNG) ab. Es soll die erste Lieferung sein, die im Dezember 2022 am neuen LNG-Terminal in Brunsbüttel bei Hamburg eintreffen soll. Zudem wurde ein Memorandum über mehrjährige Lieferungen ab 2023 unterzeichnet.

In Deutschland tobt unterdessen weiter die Debatte, wie die hohen Energiepreise für Menschen und Wirtschaft abgefedert werden können. Die geplante Gasumlage wackelt, nachdem sie nun auch Finanzminister Christian Linder (FDP) infrage gestellt hat. SPD-Chefin Saskia Esken wurde noch deutlicher. "Ich bin fest überzeugt, dass wir diese Woche zum Ende der Gasumlage kommen“, sagte sie am Sonntag in der ARD.  Dass die Gasumlage auf den Prüfstand soll, hatte am Wochenende schon SPD-Chef Lars Klingbeil verlangt.

Energiefragen standen im Mittelpunkt der Reise, die Scholz am Wochenende nach Saudi-Arabien, in die VAE und nach Katar führte. Der Kanzler betonte am Sonntag in Abu Dhabi die Wichtigkeit, auf möglichst viele Anbieter zu setzen. Die Abhängigkeit von einem Lieferanten «wird uns sicherlich nicht wieder passieren», sagte er mit Blick auf Russland.

Lindner: "Bei Gasumlage stellt sich weniger die Rechtsfrage, sondern die wirtschaftliche Sinnfrage"

Zunehmend infrage steht die Gasumlage, mit der Gasimporteure gestützt werden sollen, die wegen ausbleibender russischer Lieferungen hohe Kosten für Ersatzbeschaffungen haben. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht hier noch finanzverfassungsrechtliche Fragen zu klären, nun zieht auch der Finanzminister das Instrument in Zweifel.

«Es stellt sich mir bei der Gasumlage weniger die Rechtsfrage, sondern immer mehr die wirtschaftliche Sinnfrage», sagte Lindner der «Bild am Sonntag». Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte, die Gasumlage könne weg, sobald es aus dem Finanzministerium die Bereitschaft für eine Alternative gebe. «Diese Alternative heißt: eine Finanzierung aus Haushaltsmitteln», sagte Lang.

Scholz stellt baldige Ergebnisse der Expertenkommission in Aussicht

Scholz stellte baldige Vorschläge für eine Dämpfung der Gaspreise in Aussicht. Eine Kommission habe dazu am Samstag Beratungen aufgenommen. «Wir werden da auch mit schnellen Ergebnissen rechnen können», sagte der Kanzler am Sonntag in Katar in der Hauptstadt Doha. Es seien alle Faktoren gemeinsam zu betrachten, «damit die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen nicht vor für sie unlösbare Aufgaben gestellt werden». Er hob mit Blick auf die Bemühungen um eine breitere Versorgung mit Gas erneut hervor, dass man nun zu Herbstbeginn sagen könne: «Wir kommen wohl durch diesen Winter.»

Grünen-Chefin Lang sprach sich für eine Deckelung der Gaspreise für den Grundbedarf aus. Forderungen nach Preisdeckeln kamen am Wochenende auch von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), und der Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann (CDU).

Landkreise fordern Stützung von Energieunternehmen durch Bundesmittel

Druck kommt auch von den Kommunen. «Bürger und Betriebe können die steigenden Kosten für Gas und Strom sowie die hohe Inflation vielfach nicht mehr tragen», sagte der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). Besser als die Umlage sei die Stützung einzelner Energieunternehmen durch Bundesmittel.

Lemke will mit gesetzlicher Regelung Strom- und Gassperren verhindern

Mit den hohen Energiepreisen befasst sich am Montag auch der Verbrauchertag, eine Veranstaltung der Verbraucherzentralen. Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte in einem dpa-Gespräch eine gesetzliche Regelung an, die Strom- und Gassperren verhindert.

Am Mittwoch beraten dann die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit Scholz. Die Koalition hatte ein drittes Entlastungspaket im geschätzten Umfang von 65 Milliarden Euro vorgestellt. Dazu zählen Einmalzahlungen für Rentner und Studierende, ein Preisdeckel für einen Grundbedarf an Strom und eine Beteiligung des Bundes für ein Folgeangebot des 9-Euro-Tickets für Busse und Bahnen im Nahverkehr.

Noch wird aber über die Finanzierung der Maßnahmen gerungen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU) aus Nordrhein-Westfalen, forderten eine faire Lastenverteilung. (dpa/hoe)

Der Artikel wurde am heutigen Montag (26. September) gegen 7 Uhr 30 aktualisiert und um die Aussagen von SPD-Chefin Esken ergänzt.