Recht & Regulierung

BNetzA-Eckpunkte zum kalkulatorischen Fremdkapital-Zinssatz: Konsultationsfrist endet heute!

Die neue Berechnungsmethode ist marktnäher. Der Einfluss öffentlicher Anleihen wird eliminiert. Dennoch bleiben Kritikpunkte, schreibt Gastautor Matthias Koch von Rödl & Partner.
27.04.2023

Matthias Koch ist Partner bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner mit Schwerpunkt Energiewirtschaft, Telekommunikation und erneuerbare Energien.

Die Bundesnetzagentur hat ein Eckpunktepapier zur zukünftigen Vorgehensweise bei der Ermittlung des kalkulatorischen Fremdkapitalzinssatzes für Strom- und Gasnetze vorgelegt.

Im Kern geht es darum, dass zukünftig der aktuelle Ein-Jahres-Durchschnitt von Zinsreihen für Unternehmenskredite und Unternehmensanleihen zugrunde gelegt werden soll.
 

Die bisherige Vorgehensweise ging von einem historischen Zehn-Jahres-Durchschnitt aus und es flossen auch quasi risikolose Zinssätze öffentlicher Anleihen in die Berechnung mit ein.

Ziel ist eine marktgerechte und risikoadäquate Verzinsung

Mit der Neufassung will die Bundesnetzagentur der massiven Kritik entgegenwirken, dass der bisherige kalkulatorische Fremdkapitalzinssatz nicht marktgerecht ist und Netzbetreiber zu diesen Konditionen keine Investitionen finanzieren können.

Angesichts der anstehenden massiven Investitionen insbesondere in den Ausbau der Stromnetze sollen Anreize geschaffen werden, dass mit diesen Investitionen auch eine marktgerechte und risikoadäquate Verzinsung erwirtschaftet werden kann. Grundsätzlich ist dieser Schritt der Bundesnetzagentur zu begrüßen.

Extrem niedrige Zinssätze der Vergangenheit fließen nicht mehr mit ein

Die neue Berechnungsmethode ist deutlich marktnäher als die bisherige Vorgehensweise auf Basis historischer Zinsreihen. Aufgrund der inflationsbedingten Zinswende mit stark gestiegenen EZB-Zinssätzen sollen die historisch extrem niedrigen Zinssätze der vergangenen Jahre nicht mehr in die Berechnung des kalkulatorischen Fremdkapitalzinssatzes einfließen.

Für 2022 wäre beispielsweise ein kalkulatorischer Fremdkapital-Zinssatz von 2,9 statt 1,7 Prozent festgestellt worden. Auch die Eliminierung des Einflusses öffentlicher Anleihen in die Zinsberechnung kommt der tatsächlichen Risikostruktur der Netzbetreiber entgegen. Im Vergleich zu anderen europäischen Regulierungsbehörden ist nach unserer Kenntnis die Bundesnetzagentur eine der ersten Behörden, die diese Effekte der Zinswende aufgreift und den Zinsanstieg aufgreift.

Gefahr, dass Investitionen zurückgehalten werden

Nichtsdestotrotz bleiben Kritikpunkte. Der neue kalkulatorische Fremdkapitalzinssatz soll erst für Neuinvestitionen ab 01.01.2024 gelten. Dies birgt die Gefahr, dass dringend benötigte Investitionen in 2023 zurückgehalten werden, um ab 2024 die höheren Fremdkapitalzinssätze über den Kapitalkostenaufschlag zu erwirtschaften.

Auch löst diese Festlegung die unzureichende Verzinsung für Netzbetreiber nur zum Teil. Denn der Eigenkapitalzinssatz für betriebsnotwendiges Vermögen bis zum kalkulatorischen Zinssatz von 40 Prozent
(EK I) und der für übersteigendes Eigenkapital (EK II) wird durch Anwendung eines historischen Zehn-Jahres-Durchschnitts weiterhin wesentlich von den niedrigen Zinssätzen der letzten Jahre beeinflusst und liegt deutlich unter einer risikoadäquaten Verzinsung für Netzbetreiber.

Hier müssen nun die nächsten Schritte folgen. Der Gesetzes- bzw. Verordnungsgeber sollte reagieren, so dass die Bundesnetzagentur marktgerechte Lösungen umsetzen kann, die insgesamt eine zeitgemäße Verzinsung für Netzbetreiber ermöglichen und die notwendigen Investitionsanreize für die Umsetzung der Klimaneutralität unterstützen.

Finanzierung verstärkt auf das Fotojahr ausrichten

Wenn die Festlegung in Kraft tritt, sollten Netzbetreiber ihre Finanzierungskonzepte für Netzinvestitionen auf den Prüfstand stellen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Zinssätze für Kredite mit langer Laufzeit und langen Zinsbindungsfristen (z.B. auch KfW-Förderkredite) über den zukünftigen kalkulatorischen Fremdkapitalzinssätzen liegen.

Negative Zinsmargen für den Zeitraum des Kapitalkostenaufschlags können dann weiterhin relevant sein. Die Unternehmen sollten sich so aufstellen, dass die Finanzierung verstärkt auf das Fotojahr ausgerichtet wird, damit in der Kostenprüfung die Fremdkapitalaufwendungen in voller Höhe anerkannt werden.

Heute endet die Konsultationsfrist für die Eckpunkte der Festlegung der Bundesnetzagentur. Hinweise und Kritikpunkte sollten heute noch an die Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur übermittelt werden, damit diese in die Neufassung der Festlegung für den kalkulatorischen Fremdkapitalzinssatz einfließen können.

(Ein Gastbeitrag von Matthias Koch, Partner bei Rödl & Partner)