Recht & Regulierung

EU-Kommission will Sanierungspflicht für ineffiziente Gebäude

Um Heizkosten einzusparen, will die EU eine Modernisierungswelle starten. Laut dem Verband Deneff könnte damit die aktuelle Klimaziellücke im deutschen Gebäudesektor bis 2030 mehr als halbiert werden.
15.12.2021

Etwa 15 Prozent der Gebäude in der EU gelten als besonders ineffizient und wären von den neuen Auflagen betroffen.

Eigentümern von besonders schlecht gedämmten Gebäuden und Wohnungen droht nach einem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission eine Sanierungspflicht. Wie die von Ursula von der Leyen geleitete Behörde am Mittwoch mitteilte, sollen öffentliche Gebäude und nicht bewohnte Bauten, die besonders viel Energie verbrauchen, bereits bis 2027 klimafreundlicher gemacht werden.

Besitzer von betroffenen Wohnungen und Häusern hätten bis 2030 Zeit, um eine höhere Effizienzklasse zu erreichen. Alle Neubauten sollen ab 2030 komplett klimaneutral gebaut werden, also Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) komplett vermeiden oder ausgleichen.

 

EU plant Renovierungspass für Gebäude

Nach Angaben der Kommission sind Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Etwa 15 Prozent der Gebäude in der EU gelten als besonders ineffizient und wären von den neuen Auflagen betroffen. Gelder für die Sanierungen sollen teils durch das Corona-Aufbauprogramm bereitgestellt werden - und durch einen Klimasozialfonds, den die EU einrichten will.

Die Kommission will außerdem das Klassifizierungssystem für die Energieeffizienz in der EU vereinheitlichen und einen sogenannten Renovierungspass für Gebäude einführen.

Deneff: Richtlinie betrifft vor allem nur Bauten der Nachkriegsjahre

Laut der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (Deneff) ist die novellierte Richtlinie der Startschuss für eine auch in Deutschland dringend notwendige Welle zur Modernisierung für die Gebäude mit den höchsten Energierechnungen. 

In Deutschland beträfe dies voraussichtlich nur Bauten der Nachkriegsjahre, die bis heute nicht einmal teilmodernisiert worden seien. Diese energetischen Mindeststandards lieferten den wesentlichen Beitrag zur notwendigen Einsparung von CO2, so die Deneff. Ohne diese seien die Klimaziele im Gebäudesektor nicht zu erreichen.

"Stoßrichtung der Richtlinie ist auch sozialpolitisch geboten"

Der Ansatz, mit der Modernisierungswelle zuerst dort anzusetzen, wo die Nutzer und Bewohner in den nächsten Jahren sonst am meisten unter stetig steigenden Energiekosten und CO2-Preisen leiden würden, sei auch sozialpolitisch geboten, heißt es weiter.

Hierfür gebe es auch großen Rückhalt bei Mietern, Umweltschützern und Eigentümern, so der Verband Deneff. Die Mindeststandards könnten, wenn sie durch die im Koalitionsvertrag angekündigte bedarfsgerechte Ausgestaltung der Förderung begleitet werden, die schnelle, sozialverträgliche und wirtschaftliche Modernisierung der energetischen schlechtesten Gebäude ermöglichen.

Laut Berechnungen des Öko-Instituts könnten so bis 2030 mehr als 11 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das sei mehr als die Hälfte der aktuellen Klimaziellücke im Gebäudesektor bis 2030.

VKU warnt vor Verengung der Vorgaben auf das Einzelgebäude

“Die Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie schafft einen kohärenten europäischen Rahmen für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors. Das unterstützen wir", kommentiert Ingbert Liebing, der Hauptgeschäftsführer des VKU. Äußerst problematisch sei allerdings, Vorgaben auf das Einzelgebäude zu verengen: Dies berge die große Gefahr erheblicher Ineffizienzen und unnötiger Kosten.

„Gerade auch weil die Richtlinie jetzt stärker die CO2-Vermeidung, insbesondere auch im Gebäudebestand, in den Vordergrund rückt, sollten die Vorgaben für Einzelgebäude verstärkt über alternative CO2-Vermeidungsstrategien erfüllt werden können“, so Liebing.

Hierzu zählten vor allem Quartierslösungen in den Bereichen Strom- und Wärmeversorgung sowie Ladeinfrastruktur. Diese könnten die Dekarbonisierung im Gebäudesektor erheblich beschleunigen, insbesondere in urbanen Räumen.

Vorschlag kommt jetzt ins Europaparlament

Das Gesetz ist Teil des Klimaprogramms «Fit for 55» der Kommission. Die EU will bis 2030 mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990 und bis 2050 klimaneutral werden - das heißt auch, dass bis dahin alle Gebäude klimaneutral sein sollen. Der Vorschlag wird nun von den EU-Ländern und dem Europaparlament diskutiert. (dpa/hoe)