Recht & Regulierung

Geringverbraucher unter Druck

Agora Energiewende hat die Gründe für tendenziell steigende Netzentgelte analysiert. Bemängelt werden unter anderem steigende Grundpreise und Defizite bei der Transparenz.
12.01.2018

Woher kommt der Strom? Kleinere Stadtwerke stehen durch die Digitalisierung vor immer größeren Herausforderungen.

Für die ansteigenden Kosten der Stromnetze mit Fortschreiten der Energiewende hat eine Kurzstudie im Auftrag von Agora Energiewende dabei für das Übertragungs- und das Verteilnetz unterschiedliche Gründe ausgemacht. So seien die Kosten für die Übertragungsnetze zum Jahreswechsel 2018 um 650 Mio. Euro angewachsen. Dabei ist die Entwicklung bei den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) unterschiedlich. Bei 50 Hertz sinken sie leicht, von den anderen ÜNB seien Steigerungen bekanntgegeben worden.

Während die Reduzierung der Netzkosten beim ostdeutschen ÜNB 50Hertz um elf Prozent zu Jahresbeginn durch die Inbetriebnahme der „Thüringer Strombrücke“ und dem damit verbundenen geringeren Abruf teurer Redispatch-Kraftwerke erklären lässt, seien die Kostenerhöhungen im Westen schwerer nachvollziehbar. Die Steigerungen reichten von plus 9 Prozent bei Tennet über 13 Prozent bei TransnetBW bis zu 45 Prozent bei Amprion. Der Direktor der Denkfabrik Agora, Patrick Graichen, „würde gern genauer nachvollziehen, warum es zu diesen Kostensteigerungen kommt“.

Trend zu höheren Grundpreisen

Auch bei den Verteilnetzen registriert die Denkfabrik eine unterschiedliche Entwicklung, einerseits auf regionaler, andererseits auf verbrauchsabhängiger Ebene. Insbesondere der schon seit einigen Jahren vorherrschende Trend, die Grundpreise immer weiter zu erhöhen, setzte sich fort. Im Durchschnitt der betrachteten Netze stiegen die Grundpreise von 47 auf rund 53 Euro im Jahr 2018. Laut Studie ist der Trend zur Erhöhung der Arbeitspreise hingegen gebrochen, zum Teil seien diese sogar massiv gesenkt worden.

Die Erhöhung der Grundpreise auf der einen und die Senkung der Arbeitspreise auf der anderen Seite führe für die große Gruppe der Geringverbraucher nur zu einer geringen Entlastung, wohingegen größere Haushalte oder das Kleingewerbe bezogen auf eine Kilowattstunde Stromverbrauch stärker entlastet werden. Die Studienautoren stellen die Situation exemplarisch im Netz der nordwestdeutschen EWE dar. So zahlten Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch von nur 1000 kWh dort mehr als 15 Cent pro kWh für die Nutzung des Stromnetzes. Bei einem Verbrauch von 4000 kWh jährlich seien es jedoch nur rund sieben Cent. „Arme oder auch sparsame Stromkonsumenten werden bei den Netzkosten relativ schlechter gestellt“, bemängelt Graichen. „Das ist in sozialer und ökologischer Hinsicht kontraproduktiv.“

Angleichung in der Hochspannung

Die Denkfabrik leitet aus den Studienergebnissen einige Erkenntnisse und Forderungen ab. Die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Veränderungen erfordere mehr Transparenz in der Netzregulierung, lautet eine Forderung. Zudem fordern die Autoren eine bundesweite Angleichung der Kosten der Hochspannungsnetze. Diese würden, ebenso wie die der Übertragungsnetze, zunehmend durch den Ausbau erneuerbarer Energien bestimmt. (mn)