Recht & Regulierung

Kartellamt sieht zu große Marktmacht von Ablesefirmen

Die Kartellwächter hatten 2017 das "wettbewerbslose Oligopol" bei der Ablese von Wärme- und Wasserzählern angeprangert. Die Politik reagiert bisher nicht.
12.11.2018

Das Oligopol der Ablesefirmen könnte sich bis auf den Mieter auswirken: Vermieter dürfen einen Großteil der Kosten umlegen.

Für Millionen Mieter sind nur wenige Ablesefirmen zuständig – das sehen Wettbewerbshüter kritisch. Doch die Große Koalition hat bislang trotz einer Aufforderung des Bundeskartellamtes keine Maßnahmen gegen die Marktmacht dieser Anbieter ergriffen.

Die Kartellwächter hatten im Mai 2017 das "wettbewerbslose Oligopol" fünf großer Unternehmen bei der Ablese von Wärme- und Wasserzählern angeprangert und drei Vorschläge zur Belebung des Wettbewerbs gemacht. Wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums hervorgeht, wird bislang untersucht, ob eine dieser Forderungen umgesetzt werden könnte.

"Mehr wert als Opel"

"Es wird derzeit geprüft, die Förderung der Interoperabilität von Zählern in der anstehenden Novelle des Energieeinsparrechts für Gebäude zu verankern", teilt das Haus von Ressortchef Peter Altmaier (CDU) mit. Durch "Interoperabilität" soll gewährleistet werden, dass nicht jede Ablesefirma ihr eigenes Zählerystem bastelt, denn die sogenannten proprietären Systeme erschweren einen Wechsel des Anbieters, weil eine neue Ablesefirma für viel Geld neue Zähler in einem neuen Gebäude installieren müsste.

Der Ablese-Markt wird laut Bundeskartellamt von zwei Platzhirschen dominiert: Ista mit Sitz in Essen und Techem aus dem hessischen Eschborn teilen sich demnach allein 50 bis 60 Prozent des Geschäfts. Beide Firmen sind der breiteren Öffentlichkeit nahezu unbekannt. "Aber die sind mehr wert als Opel", sagt die bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Inge Aures.

Umlegung der Kosten: Mieter sind Leidtragende

Ista wurde 2017 für 4,5 Mrd. Euro an den Hongkonger Multimilliardär Li Ka-Shing verkauft, Techem ging im Frühjahr für 4,6 Mrd. Euro an Schweizer Investoren. Für Opel bot der französische Autokonzern PSA Peugeot Citroën 1,3 Mrd. Euro. Gemeinsam mit drei weiteren großen Anbietern teilen sich die beiden Marktführer etwa 70 bis 80 Prozent des Marktes. Um den Anstieg der Kosten für die Mieter zu bremsen, fordern die Sozialdemokraten im Freistaat von der Großen Koalition die schleunige Umsetzung der Vorschläge des Bundeskartellamtes.

Bezahlt wird die Ablese in aller Regel von den Mietern, da die Vermieter Nebenkosten umlegen dürfen. Dieses Dreiecksverhältnis von Ablesefirma, Vermieter und Mieter ist ein weiterer Punkt, den das Bundeskartellamt kritisiert: Für die Vermieter gibt es wenig Anreiz, sich um ein günstiges Angebot zu bemühen.

Forderung: Mehr Transparenz

Für das Jahr 2014 schätzte das Kartellamt die Umsätze der Branche auf knapp 1,5 Mrd. Euro. Pro Wohnung schlug das im Schnitt mit 74 Euro im Jahr zu Buche, aktuellere Daten gibt es nicht. Deswegen forderten die Kartellwächter 2017 auch größere Transparenz für die Mieter in Form besserer Information und eine Vereinheitlichung von Eichfristen und Nutzungsdauer der Geräte – das soll für die Hausbesitzer den Wechsel des Anbieters erleichtern.

Noch ist unklar, was die milliardenschweren Verkäufe von Ista und Techem für die Mieter bedeuten. Die Vermutung liegt nahe, dass die Investoren ihre hohen Kosten so schnell wie möglich wieder hereinholen wollen. Eine Änderung der Preispolitik könne sich frühestens bei den Heizkostenabrechnungen für 2018 oder 2019 bemerkbar machen, sagt Ropertz. (dpa/hol)