Recht & Regulierung

Neue Dünge-Regeln gegen Nitrat im Wasser - Reicht Brüssel das?

Umweltschützer und Wasserwerke fordern schon lange, dass weniger Dünger auf Wiesen, Weiden und Feldern landen sollten. Aber auch Brüssel macht Druck auf Deutschland. Nun macht die Bundesregierung einen neuen Vorschlag.
22.08.2019

Die Bundesregierung hat nun einen Vorschlag für neue Düngeregeln vorgelegt.

Im Streit um zu viel Nitrat im Grundwasser hat die Bundesregierung einen neuen Vorschlag für strengere Dünge-Regeln vorgelegt. Er enthält unter anderem neue Pflichten für Bauern, die Düngermenge zu dokumentieren, längere Sperrfristen sowie striktere Vorgaben an Hängen, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium am 21. August nach einem rund zweistündigen Treffen mit Bundesländern und Verbänden mitteilte. Mit diesen Vorschlägen reisen Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) am kommenden Mittwoch nach Brüssel, um ein weiteres Verfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verhindern.

Die EU-Kommission hatte Deutschland wegen zu überhöhter Nitratwerte im Grundwasser bereits verklagt und Recht bekommen. Düngen etwa mit Gülle und Festmist ist eine Hauptursache dafür, dass an vielen Messstellen in Deutschland die Grenzwerte überschritten werden. Das Urteil bezog sich zwar noch auf ältere Düngeregeln. Aber auch die erst 2017 geänderten Vorgaben müssen nun verschärft werden, sonst könnten teure Strafzahlungen drohen. Nitrat ist wichtig für Pflanzen, zu viel davon kann die Natur aber aus dem Gleichgewicht bringen. Außerdem können aus Nitrat gesundheitsgefährdende Nitrite entstehen.

Unterschiedliche Zuständigkeiten

Politisch ist das Thema extrem umstritten, weil das Umweltministerium für den Schutz des Bodens und des Wassers zuständig ist, aber das Agrarministerium für die Dünge-Vorgaben. "Das Ziel ist eine praktikable und zugleich umweltschonende Lösung", teilten beide Ressorts gemeinsam mit. Von Bundesländern und Verbänden habe es für die Vorschläge "breite Zustimmung" gegeben.

Allerdings zeigten die Wasserversorger sich nach dem Treffen nicht zufrieden. Die Zeitpläne und Maßnahmen reichten nicht aus, teilte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit. Hauptgeschäftsführer Martin Weyand kritisierte etwa, dass noch nicht alle Bundesländer "rote Gebiete" mit hoher Belastung ausgewiesen hätten, wo besonders strenge Regeln gelten sollen. Es reiche auch nicht, dass pro Betrieb im Schnitt 20 Prozent weniger Nitrat eingesetzt werden dürfe: "Es hilft nichts, wenn auf der einen Fläche deutlich weniger gedüngt wird und dafür an anderer Stelle deutlich mehr Dünger aufgebracht werden darf."

Reaktion aus Brüssel ist noch unklar

Karsten Specht, Vizepräsident des VKU betont: "Wir müssen die Böden in nitratbelasteten Gebieten dringend auf eine Schlankheitskur setzen. Am Ende geht es darum, dass die Vorgaben nachvollziehbar wirken. Die vorgestellten Beschränkungen  werden aber wirkungslose sein, solange die zuständigen Kontrollbehörden diese nicht überprüfen können. Deswegen ist die Einführung eines Flächendeckenden, schlagbezogenen und transparenten Monitoring-Systems mit digitaler Datenübermittlung zentral. Erst wenn das gelingt, haben wir eine echte Lösung auf dem Tisch."

Ob die EU-Kommission mit den neuen Vorschlägen aus Berlin zufrieden ist, dürfte frühestens nach dem Treffen der beiden Ministerinnen mit Umweltkommissar Karmenu Vella kommende Woche feststehen. Es könnte aber auch sein, dass Brüssel erst eine Weile nach dem Gespräch am 28. August den Daumen hebt oder senkt. Umwelt- und Agrarministerium forderten die Länder am Mittwoch erneut auf, ihre "roten Gebiete" auszuweisen - dies sei für die Kommission ein "wichtiger Punkt".

Noch offene Baustellen

Niedersachsen kündigte an, am 10. September Karten mit den belasteten Gebieten vorzulegen - dort gibt es besonders viel Viehhaltung, was Umweltschützer immer wieder kritisieren.

Auch wenn von EU-Seite am Ende keine Einwände mehr da wären, sieht Christian Rehmer von der Umweltschutzorganisation Bund noch viele Baustellen in der Agrarpolitik. Dass zum Beispiel die Ränder von Gewässern bepflanzt werden sollen, um überschüssigen Dünger aufzunehmen, müsse nicht über Düngeregeln, sondern über das Wasserhaushaltsgesetz geregelt werden. "Klar ist: Für den Schutz unserer Umwelt und des Klimas brauchen wir eine umfassende Agrarwende und den Abbau der Nutztierbestände", sagte er. (dpa/bh)