Recht & Regulierung

Zu viel Nitrat: Politik arbeitet an Lösungen, Bauern warnen vor Schnellschlüssen

Gülle und Mist sind wertvoller Dünger – aber zu viel davon auf Feldern, Wiesen und Weiden wird zum Problem. Weil das Grundwasser in Deutschland an vielen Stellen zu viel Nitrat enthält, macht Brüssel Druck. Die Bauern sind alarmiert.
21.08.2019

Nitrat ist auf Dauer ein Problem für die Trinkwasserqualität, betonen die Versorger.

Im Streit um zu viel Nitrat im Grundwasser beraten Bund und Länder am 21. August über strengere Regeln fürs Düngen. Die EU-Kommission droht mit einem weiteren Verfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), wenn die Vorgaben zum Beispiel für Gülle nicht erneut nachgeschärft werden.

Ziel der Beratungen ist, eine Position zu finden, mit der Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) kommende Woche nach Brüssel reisen können, um sich mit EU-Umweltkommissar Karmenu Vella zu beraten. Trinkwasserversorger mahnen schnelles Handeln an – die Bauern warnen vor Schnellschüssen.

Ausweisung von "roten Gebieten"

Klöckner schlägt unter anderem vor, Sperrzeiten fürs Düngen auszudehnen. Besondere Vorgaben für Abhänge sollen schon ab fünf Prozent Neigung statt ab zehn Prozent greifen. Das Agrarministerium weist außerdem darauf hin, dass fünf Bundesländer – darunter das große Agrarland Niedersachsen – noch keine "roten Gebiete" ausgewiesen haben, in denen die Nitratbelastung hoch ist und besonders strenge Regeln gelten sollen.

Die EU-Kommission hatte Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser verklagt und 2018 beim EuGH Recht bekommen. Düngen etwa mit Gülle ist eine Hauptursache dafür, dass an vielen Messstellen in Deutschland die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser überschritten werden. Das Urteil bezog sich zwar noch auf ältere Düngeregeln, aber auch die erst 2017 geänderten Vorgaben müssen nun verschärft werden, sonst könnten letztlich Strafzahlungen drohen.

Leitungswasserqualität ist noch gut

Das Leitungswasser in Deutschland kann man in aller Regel bedenkenlos trinken. Aber Trinkwasserversorger mahnen schon lange, dass es aufwendiger und teurer wird, die Qualität zu halten. Karsten Specht, Vizepräsident des VKU betont: „Es ist gut, dass sich Bundesregierung und Länder gegenüber Brüssel grundsätzlich auf Vorschläge geeinigt haben, um Nitrateinträge in unsere Gewässer zu reduzieren und unsere Trinkwasserressourcen zu schützen. Wir müssen die Böden in nitratbelasteten Gebieten dringend auf eine Schlankheitskur setzen. Am Ende geht es darum, dass die Vorgaben nachvollziehbar wirken. Die vorgestellten Beschränkungen werden aber wirkungslos sein, solange die zuständigen Kontrollbehörden diese nicht überprüfen können. Deswegen ist die Einführung eines flächendeckenden, schlagbezogenen und transparenten Monitoring-Systems mit digitaler Datenübermittlung zentral. Erst wenn das gelingt, haben wir eine echte Lösung auf dem Tisch. Transparenz würde auch die Forderung nach immer neuen Ausnahmeregelungen erübrigen."

Auch Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), sagte der dpa: "Die Bundesregierung und die Bundesländer müssen nun endlich ins Handeln kommen und die EU-Nitratrichtlinie konsequent und vollständig umsetzen, damit sich die Grundwasserqualität in nitratgefährdeten Gebieten endlich verbessern kann."

Kleinere Viehhalter sind gefährdet

Aus Sicht des Deutschen Bauernverbands (DBV) erzwingt die EU-Kommission dagegen "überzogene Detailregelungen". Der Umweltbeauftragte des Verbands, Eberhard Hartelt, sagte, Strafzahlungen müssten unbedingt abgewendet werden, und die Landwirte stünden zum Gewässerschutz. Die Drohung aus Brüssel führe aber dazu, "dass das Düngerecht ohne qualifizierte Folgenabschätzung und im Eilverfahren durchgeboxt werden muss".

Aus Sicht des DBV könnten die Pläne von Bund und Ländern "kleine und mittlere Tierhalter in den Ausstieg treiben", weil sie schnell viel mehr Lagerkapazität für Gülle, Jauch und Mist bräuchten, wenn das Düngen zu stark eingeschränkt würde. Hartelt sprach von einer "unlösbaren Situation". Es sei zudem nicht akzeptabel, "pauschal alle Betriebe in einem nitratsensiblen Gebiet mit verschärften Auflagen zu überziehen" – und warf Bund und Ländern vor, die Arbeit einer genauen Abgrenzung dieser Gebiete zu scheuen. (dpa/bh)