Wasser

Digitaler Zwilling verhindert Wasserverschmutzung

Natürliche Gewässer werden regelmäßig durch das Einleiten von Abwasser aus Mischwasserkanalisationen verschmutzt. Mithilfe von dynamisch gesteuerten Systemen kann die Bewirtschaftung entscheidend verbessert werden.
06.10.2022

Wird bei Starkniederschlägen die Kapazität der Kläranlagen überschritten, muss Abwasser unbehandelt in die Gewässer geleitet werden.

In vielen städtischen und industriellen Gebieten wird das Abwasser in einer Mischwasserkanalisation mit Regenwasser vermischt und in eine Kläranlage geleitet. Von dort gelangt das gereinigte Wasser in ein nahegelegenes Gewässer. In städtischen Gebieten stößt die Mischwasserkanalisation jedoch bisweilen an ihre Grenzen: Bei Starkniederschlägen fallen in kurzer Zeit so große Wassermengen an, dass sie in den weitgehend versiegelten Böden nicht mehr versickern können.

Sie werden daher über die Kanalisation zur Kläranlage abgeleitet, die jedoch nur über eine begrenzte Kapazität verfügt. Wenn diese überschritten ist, wird der Überschuss, der sich aus Abwasser und Regenwasser zusammensetzt, unbehandelt in die Gewässer geleitet, wie das Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag berichtet.

Von der statischen zur dynamischen Bewirtschaftung

Um Abflussspitzen aufzufangen und die Einleitung von Abwasser in die Gewässer zu begrenzen, bestehen Mischwasserkanalisationssysteme auch aus Rückhalte- und Entlastungsbauwerken. So umfasst ein solches Abwassersystem neben der Kläranlage auch Regenbecken und Regenüberläufe. Die Regenbecken sammeln das abfließende, gemischte Wasser und speichern es vorübergehend, während die Regenüberläufe es direkt in die Gewässer ableiten. Eine solche Infrastruktur mit Sammlern, Kläranlage und Entlastungsbauwerken ist komplex und erfordert für den reibungslosen Betrieb eine hohe technische Kompetenz.

Viele Abwassersysteme werden statisch bewirtschaftet, so Eawag weiter: Die Regenbecken und Regenüberläufe geben ab festen Schwellenwerten Wasser in die Gewässer ab, unabhängig von der aktuellen Witterung. Würden lokale Wettermessungen und -vorhersagen in eine dynamische Bewirtschaftung einfliessen, könnte die bestehende Infrastruktur wesentlich effizienter betrieben und die Verschmutzung der Gewässer verringert werden.

Das Potenzial des digitalen Zwillings

Das Konzept des so genannten digitalen Zwillings macht ein solches dynamisches Management möglich. In einem solchen System können die in Echtzeit gemessenen Daten mit dem modellierten System verknüpft werden, wodurch Prozesse simuliert und das Modell verbessert werden kann. Dadurch lässt sich auch die Bewirtschaftung des realen Systems optimieren.

Wie lässt sich das Konzept des digitalen Zwillings auf die Bewirtschaftung von Abwassersystemen anwenden? Zunächst wird das bestehende Abwassersystem (das Originalobjekt) in einem Simulationsmodell (der digitalen Kopie, dem Zwilling) nachgebildet. Anschließend werden dem Modell Daten aus Echtzeitmessungen der Abwasser- und Abflussströme sowie der Niederschlagsmengen zugeführt, um die Bewirtschaftung des realen Systems zu verbessern und die dynamische Verwaltung des Systems zu optimieren. (hp)