Wasser

KI prognostiziert Wasserbedarf: Neues Tool hilft Versorgern bei Spitzenlasten

Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Industrieansiedlungen: Die Wasserversorger müssen Verbräuche möglichst präzise vorhersagen können. Dabei unterstützt sie ein neues Software-Tool.
04.07.2025

Damit hohe Verbräuche nicht zu Wassermangel im Haushalt führen, müssen die Versorger entsprechend vorsorgen.

 

Von Elwine Happ-Frank

Die längere Hitzeperiode ist durch Gewitter mit lokalen Starkregen abgelöst worden. Doch die hohen Temperaturen wirken sich auf die Wasserversorgung aus. Die Unternehmen berichten von teils sehr hohen Abgaben.

Zum Beispiel in Berlin: Der Wasserverbrauch in der Bundeshauptstadt zog deutlich an. Am heißesten Tag des Jahres seien rund 880.000 Kubikmeter Trinkwasser in das Netz eingespeist worden, hieß es von den Berliner Wasserbetrieben. Im Durchschnitt sind es 600.000 Kubikmeter pro Tag. 

Die Stadtwerke Jülich berichten gar von einer Verdoppelung des Verbrauchs in den letzten Wochen. Laut dem Versorger sinken die Grundwasserbestände, die Vorräte schwinden. Das Unternehmen ruft seine Kunden zu einem "ressourcenschonenden Einsatz" auf.

Auslegung der Systeme auf Spitzenverbräuche

Die Spitzenverbräuche stellen die Versorger vor große Herausforderungen, denn sie müssen ihre Systeme so auslegen, dass diese abgedeckt sind. Dafür müssen sie zunächst wissen, wie hoch der Bedarf ausfallen wird – vor dem Hintergrund von Klimawandel, Bevölkerungswachstum und neuen Industrieansiedlungen.

Dafür hat das DVGW – Technologiezentrum Wasser (TZW) ein Tool entwickelt, das eine Prognose für den kurzfristigen Wasserbedarf mit einem Vorhersagehorizont von wenigen Tagen bis zwei Wochen liefert. Das Modell basiert laut TZW auf den Bedarfsdaten mehrerer großer Wasserversorger aus der Vergangenheit sowie weiteren Daten wie beispielsweise Temperatur, Niederschlag, Wochen- beziehungsweise Feiertage oder Ferienperioden.  

"Die Praxistauglichkeit wurde bei zwei Fernwasserversorgern im großtechnischen Maßstab zur Prognose des Trinkwasserbedarfs für die jeweils nächsten Tage eingesetzt. Es zeigte sich eine hohe Prognosegüte mit maximalen Abweichungen im Bereich von drei Prozent", erläutert der TZW-Digitalisierungsexperte und Projektleiter Martin Wagner.

Kurzzeitprognosen sind in anderen Bereichen etabliert

Die Lösung setzen kleine, mittlere und große Unternehmen im städtischen und ländlichen Raum ein. Zu den Nutzern  gehören auch die Leipziger Wasserwerke als Beispiel für einen großen städtischen Versorger, aber auch Mühlbach Wasser als ein Wasserversorgungsunternehmen in einer ländlichen Region.

Grundsätzlich werden Kurzzeitprognosemodelle seit Langem in den Bereichen Strom, Gas, Börse, Wettervorhersage et cetera verwendet. Der Einsatz im Bereich der Wasserwirtschaft steht noch relativ am Anfang. Dieser wird sich jedoch nach Ansicht von Wagner durch die zunehmende Automatisierung der Prozessabläufe ("Wasser 4.0") weiter fortsetzen.

Für die Wasserwirtschaft sind laut TZW automatisierte Datenauswertungen und daraus folgende Optimierungsprozesse durch intelligente Algorithmen von hoher Relevanz. Wasserbedarfsanalysen und -modelle bilden in diesem Zusammenhang in der Branche die zentrale Größe für die Steuerung und Bewirtschaftung von Anlagen und Aggregaten.

Unterstüztung bei strategischen Entscheidungen

Mithilfe robuster Prognosen für den Wasserbedarf können angepasste Betriebsstrategien entwickelt und strategische Entscheidungen unterstützt werden. Für den Einsatz von Bedarfsprognosen in der Trinkwasserversorgung wurden einfache statistische Verfahren und Modelle aus dem Bereich des Machine Learning sowie der Zeitreihenanalyse untersucht.

In den 13 von TZW untersuchten Anwendungsgebieten wurde mit Modellen des maschinellen Lernens eine sehr hohe Prognosegüte für die Vorhersage des mittleren und Spitzenwasserbedarfs mit Abweichungen von unter fünf Prozent erreicht. Dagegen haben einfache statistische Verfahren Prognosewerte mit einer mittleren Abweichung von knapp zehn Prozent, wobei Spitzenbedarfswerte mitunter nicht prognostiziert werden konnten, heißt es auf der Projektwebsite zu den Kurzzeitprognosen. (mit dpa)