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Landesgericht Baden-Baden: Kompostfirma haftet für PFAS-Belastung des Hügelsheimer Bodens

Das Gericht hat nach sieben Jahren Verfahrensdauer die persönliche Haftung des Vorstands der Firma Umweltpartner Vogel festgestellt. Damit haben wohl auch die von der PFAS-Problematik stark betroffenen Stadtwerke Raststatt Anspruch auf Schadenersatz.
01.08.2024

Sowohl dem Vorstand als auch dem Unternehmen hat das Landesgericht Fehlverhalten nachweisen können.

Bereits im Jahr 2017 hat die Gemeinde Hügelsheim Klage gegen das Kompostunternehmen Umweltpartner Vogel eingereicht. Der Vorwurf: Das Unternehmen soll von 2006 bis 2008 großflächig mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFAS) belastete Papierschlamm-Komposte auf die Felder der Gemeinde aufgebracht haben.

Die Gemeinde Hügelsheim fordert 150.000 Euro Schadensersatz. Wie das Landesgericht Baden-Baden nun bekanntgegeben hat, ist die Klage wegen PFC-Belastung im Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung der Gemeinde dem Grunde nach teilweise berechtigt.

Indizien reichen für Klage

Umweltpartner Vogel habe in dem fraglichen Zeitraum mindestens 43.000 Tonnen Papierschlämme aus der Papierindustrie bezogen, mit Kompost vermischt und anschließend auf landwirtschaftlichen Flächen in der Region ausgebracht.

Auch wenn nicht im Einzelnen festgestellt werden konnte, wann welche Menge, welchen Materials, aus welcher Papierfabrik, auf welche Flächen, durch wen aufgebracht wurden, ist die Kammer aufgrund zahlreicher Indizien zu der Überzeugung gelangt, dass die in großen Mengen verteilten Papierschlamm-Kompost-Gemische zumindest teilweise mit PFAS oder entsprechenden Vorläufersubstanzen belastet waren.

Schuld an Grundwasserverschmutzung festgestellt

Im Rahmen der Beweisaufnahme ist die Kammer ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass die PFAS-haltigen Gemische zu einer ab dem Jahr 2013 festgestellten PFC-Belastung des Grundwassers und zahlreicher landwirtschaftlicher Flächen im Gemeindegebiet der Klägerin geführt haben.

Die Folgen dieser Verunreinigung wirken bis heute und haben die Betroffenen zur zeitweisen Stilllegung sowie zu umfänglichen Um- und Aufrüstungsmaßnahmen mehrerer Wasserwerke gezwungen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Bereits damals hatten die Stadtwerke Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Das Verfahren wurde jedoch aus Mangel an Beweisen eingestellt. Mit der daraufhin eingereichten Zivilklage kämpfen die Kläger um Schadenersatz und die Entlastung der Verbraucher von den Kosten der unumgänglichen Sanierung (wir berichteten).

Vorstand wurde persönliche Haftung nachgewiesen

Die Kammer stellte auch eine persönliche Haftung des Vorstands von Umweltpartner Vogel fest. Dieser habe zumindest fahrlässig pflichtwidrig gehandelt, indem er Papierschlämme aus der Papierindustrie, die als Abfall hätten entsorgt werden müssen und nach der Düngemittelverordnung unzulässig waren, mit Kompost vermischt auf landwirtschaftliche Flächen aufgebracht hat.

Daraus folgt nach dem Urteil der Kammer, dass das Unternehmen und sein Vorstand als Gesamtschuldner der Klägerin dem Grunde nach auf Schadensersatz haften, weshalb ihre Haftung auch für weitere und zukünftige Schäden der Gemeinde im Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung festzustellen war. 

Erkenntnisse dazu, in welcher Höhe der Gemeinde Hügelsheim ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist, bleiben dem weiteren Verfahren vorbehalten. Die von der Klägerin aktuell geltend gemachte Schadenssumme beläuft sich auf rund 150.000 Euro. 

Fuhrunternehmer entlastet

Soweit für einzelne Flächen keine relevante PFAS-Belastung festgestellt werden konnte, wurde die Klage abgewiesen. Auch die Klage gegen einen selbständigen Fuhrunternehmer hat die Kammer zur Gänze als unbegründet zurückgewiesen.

Das Teil- und Grundurteil ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin und die Beklagten können binnen eines Monats nach Zustellung Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe einlegen. (hb)

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