Nitratbelastung: Ministerium will OVG-Entscheidung zu Düngegebieten prüfen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in dem Düngestreit Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
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Von Elwine Happ-Frank
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat am Mittwoch geurteilt, dass die aktuelle Landesdüngeverordnung einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält. Die Ausweisung der "roten Gebiete" in Niedersachsen sei unwirksam, teilt das OVG mit. Landvolk Niedersachsen hatte mehrere Normenkontrollanträge zur Landesdüngeverordnung eingereicht.
Die Landesregierung will nun die Entscheidung des OVG prüfen. "Wir haben nach einer ersten Einschätzung Zweifel an der Rechtsauffassung des Gerichts", teilte das Ministerium laut dpa mit. Zunächst soll die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden, sagte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums in Hannover.
In der Begründung des Gerichts zu seiner Entscheidung heißt es, die "roten Gebiete" seien fehlerhaft ermittelt worden. Dabei hätten bestimmte Verwaltungsvorschriften, die die Gebietsausweisung konkretisieren sollten, bereits in die Landesdüngeverordnung aufgenommen werden müssen. Außerdem stehe die in Niedersachsen angewandte Methode zur Ermittlung der "roten Gebiete" nicht in Einklang mit den Vorgaben der bundesrechtlichen Düngeverordnung.
In der mündlichen Verhandlung am Oberverwaltungsgericht kritisierte der Vorsitzende Richter laut einem Bericht des "NDR" an der Methodik des Landes etwa, dass das Landwirtschaftsministerium jedem Messpunkt die gleiche Aussagekraft zurechne. Er hinterfragte zudem, wie viele Jahre in einen Nitratbeitrag einbezogen würden und ob ein Landwirt in Bayern mit denselben Methoden der Gebietsausweisung bewertet werde wie ein Bauer aus Niedersachsen.
Mängel bei Gebietsausweisung
Dass die Messstellen, die für die Ausweisung der roten Gebiete zugrunde gelegt worden sind, erhebliche Mängel hätten, darauf hatte Landvolk schon bei seiner Eingabe bei Gericht hingewiesen. Außerdem sei viel zu großflächig ausgewiesen worden, weil viel zu wenige Messstellen für die Gebietsausweisung genutzt würden.
Der Landesbauernverband ließ deshalb Anfang 2019 ein hydrogeologisches Gutachten zur Überprüfung der Gebietsausweisung erstellen, in dem neben methodischen Mängeln bei der Ausweisung der Gebiete auch erhebliche Verstöße gegen technische Regelwerke bei den Messstellen festgestellt wurden. Mehr als 60 Prozent der untersuchten Messstellen hätten demnach Mängel.
Der Senat des OVG ist deshalb zu dem Ergebnis gekommen, dass die nach den relavanten Bestimmungen der Landesdüngeverordnung (§§ 1 Nr. 1 Buchst. a] und 2 i. V. m. Anlagen 1 und 2 NDüngGewNPVO) vorgenommene Ausweisung von mit Nitrat belasteten Gebieten über die Landesfläche Niedersachsens insgesamt gegen höherrangiges Recht verstoße und daher unwirksam sei.
Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung
Ausdrücklich fügt das Gericht aber hinzu, dass sich die Unwirksamkeitserklärung darauf beschränke. Die weiteren Regelungen der niedersächsischen Düngeverordnung seien deshalb nicht für ungültig zu erklären, da sie entweder für Oberflächengewässer gelten würden oder sinnvoll auch ohne den ungültigen Teil bestehen bleiben könnten.
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Landvolk will die Begründung des Gerichts abwarten und daraus dann die Schlüsse für das weitere Vorgehen ziehen.