Wasser

Was Fließgewässer stresst

Die wichtige Selbstreinigungskraft von Flüssen und Bächen ist stark beeinträchtigt. Eine Studie analysiert und bewertet die wichtigsten Faktoren.
23.05.2022

Einer der größten Stressoren für Fließgewässer ist die Einleitung von Abwässern.

 

Fließgewässer stellen Trinkwasser bereit, dienen dem Hochwasserschutz und werden zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen genutzt. Doch der Mensch nimmt Einfluss auf Gewässersysteme und deren ökologische Funktionen – unter anderem durch Veränderung der natürlichen Gewässerstruktur, Landwirtschaft oder Einleitung von Abwässern.

Die meisten Studien befassen sich nur mit den Auswirkungen auf die Biodiversität. Eine der wichtigsten Ökosystemleistungen von Fließgewässern ist aber ihre natürliche Reinigungsleistung. Sie kann über verschiedene ökologische Funktionen wie etwa die Nährstoffaufnahme oder die Zersetzung von Laub bewertet werden.

Nur wenige Studien

Doch wie genau wirken sich menschliche Stressoren auf die ökologischen Funktionen aus, die für die natürliche Selbstreinigungskraft eines Fließgewässers essenziell sind? Das hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) untersucht. Dafür werteten die Forscher alle zu dem Thema verfügbaren internationalen Untersuchungen aus – und fanden nur 125 Studien. Das sei eine sehr geringe Anzahl und ein Indiz dafür, wie wenig dem Thema Beachtung geschenkt wird, heißt es in einer Pressemitteilung des UFZ.

Die Auswertung der gefundenen Studiendaten ergab, dass die Effizienz, mit der Fließgewässer Nitrat zurückhalten können, in Bächen, die durch landwirtschaftlich genutzte Gebiete fließen, fast fünf Mal geringer ist als in Bächen mit natürlicher Umgebung. „Das ist wirklich enorm“, sagt Mario Brauns, Wissenschaftler am UFZ-Department Fließgewässerökologie, und erklärt: „Landwirtschaftlich geprägte Fließgewässer sind durch hohe Nährstoffkonzentrationen und eine geschädigte Gewässerstruktur so stark belastet, dass sie ihre natürliche ökologische Rückhaltefunktion nicht mehr ausreichend erfüllen können und dadurch einen Großteil ihrer Reinigungsleistung einbüßen.“

Bewertung der Stressfaktoren

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie ist die vergleichende Bewertung der Stressoren: Welcher Stressor hat über alle ökologischen Funktionen hinweg die stärksten Auswirkungen? Deutlich auf Platz eins liegt die Einleitung von Abwässern. Auf dem unrühmlichen zweiten Platz die Landwirtschaft und auf Platz drei die Urbanisierung. „Das sind alles Bereiche, in denen wir dringend tätig werden müssen“, sagt Brauns. (hp)