ÖPNV

Wann sich Menschen im autonomen Bus sicher fühlen

Studie aus Coburg zeigt: Im Notfall wollen Fahrgäste einen Menschen sprechen. Die Forscher liefern zahlreiche Verbesserungsvorschläge.
06.03.2024

Bei einer Testfahrt erlebten die Probandinnen und Probanden das automatisierte Shuttle in alltäglichen Verkehrssituationen.

Automatisierte Fahrzeuge können ein wichtiger Baustein im Nahverkehr sein. Voraussetzung ist aber, dass sich die Menschen sicher und wohl fühlen, auch wenn kein Fahrer oder keine Fahrerin an Bord ist. Die Hochschule Coburg forscht und liefert neue Erkenntnisse zum Sicherheitsgefühl.

Studien, warum Menschen skeptisch sind, gibt es viele. Ist es Angst vor Verbrechen und Belästigung, wie eine Studie aus Texas behauptet? Eine Studie aus Pennsylvania widerspricht; es sei eher die Sorge vor technischen Defekten. Klar ist: Die wissenschaftlichen Beiträge zum Sicherheitsgefühl in automatisierten Fahrzeugen sind noch nicht eindeutig.

Versuchsfahrt statt hypothetischer Fragen

Nachteil vieler Studien: Das Empfinden ist rein hypothetisch, heißt es in Coburg. Die Befragten haben nie in einem solchen Fahrzeug gesessen. In diesem Punkt unterscheide sich die neue Studie der Hochschule Coburg von bisherigen Untersuchungen: Wie sicher sich die Passagiere fühlen, wurde in Oberfranken anhand einer tatsächlichen Fahrt mit einem autonomen Shuttlebus ermittelt.

25 Bürgerinnen und Bürgern nahmen an Versuchsfahrten auf dem Firmengelände von Valeo in Kronach-Neuses teil, dem Konsortialführer des Projekts Shuttle-Modellregion Oberfranken (SMO). Der Shuttlebus war vollautomatisiert unterwegs, ohne Begleitpersonal, das hätte eingreifen können. Dabei wurden alltägliche Verkehrssituationen nachgestellt: beispielsweise eine starke Bremsung an einem Fußgängerüberweg und das Kreuzen eines Scooterfahrers.

Eine Probefahrt mildert Ängste

Vor und nach der Fahrt wurden die Testpersonen befragt. „Eine Probefahrt hat oft den Effekt, dass die meisten Vorbehalte gegenüber dem Shuttle abgebaut werden“, sagt Mathias Wilde von der Hochschule Coburg. „Durch das direkte Erleben werden Ängste gemildert und das Vertrauen in die Technik gestärkt“, erklärt der Professor für Vernetzte Mobilität.

Tatsächlich gaben die meisten Befragten in Kronach an, dass das Fahr-Erlebnis ihr Sicherheitsgefühl verbessert hat. Die Geschwindigkeit von acht Stundenkilometern, die strengen Regularien in Deutschland und Prüf-Instanzen vermittelten ebenfalls Sicherheit. „Die Probandinnen und Probanden legen Wert auf Transparenz und möchten verstehen, welche Prozesse ablaufen und welche Gründe hinter den Aktionen des Shuttles stecken“, sagt Wilde. „Dieses Wissen gibt ihnen das Gefühl, aktiv beteiligt und informiert zu sein.“

Menschen wollen nicht der Technik ausgeliefert sein

Es wurden aber auch verunsichernde Faktoren identifiziert, beispielsweise das ruckartige Anfahren und starke Bremsen der Shuttles und fehlende Kopfstützen. Außerdem wurden äußere Faktoren genannt: Alleinfahrten oder unangenehme Mitfahrende, Dunkelheit, schlechte Wetterverhältnisse, komplexe Verkehrsumgebungen, wie größere Städte und Berufsverkehr.

Insgesamt ging aus der Versuchsfahrt hervor, dass die Fahrgäste nicht das Gefühl haben möchten, dass sie alleingelassen oder der Technik ausgeliefert sind. Die Testpersonen gaben an, dass sie für eine Fahrt ohne Begleitpersonal einen Nothalteknopf, eine festgelegte und erprobte Strecke und eine Fernüberwachung aus der Leitwarte für ein hohes Sicherheitsgefühl bräuchten. Viele wünschen sich eine schnelle und zuverlässige Kommunikation mit einem Menschen. Ideal sei eine Videoübertragung in die Leitstelle. „Eine solche Lösung würde das Sicherheitsgefühl erhöhen und das Gefühl der Hilflosigkeit verringern“, so Wilde. (wa)