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EWE: Strom-Community integriert auch Wärmeerzeuger

Zu nahezu 100 Prozent selbst mit Strom versorgen können sich EWE-Kunden in der Stromgemeinschaft „myEnergyCloud". Das Modell soll aber auch einen Beitrag zur Sektorkopplung leisten und ist darüber hinaus auch für Netzbetreiber interessant.
08.02.2018

Auf der diesjährigen Energieleitmesse E-World in Essen gab EWE-Marktvorstand Michael Heidkamp (Mitte) zusammen mit Frédéric Gastaldo (links), CEO des Kooperationspartners Swisscom Energy Solutions, den Vertriebsstart der EWE myEnergyCloud bekannt.

 

Zu maximal 60 bis 70 Prozent können Hausbesitzer aktuell über eine PV-Anlage plus Speicher ihren Bedarf mit selbst erzeugtem Strom decken. Ein neues Produkt des Oldenburger Energieversorgers EWE soll den Autarkiegrad von Stromspeicher- und PV-Kunden auf nahezu 100 Prozent erhöhen. Möglich macht dies die Stromgemeinschaft „myEnergyCloud", die der Versorger auf der Branchenmesse E-World detallierter vorstellte. In dieser Community können sich Kunden mit Stromspeichersystemen mit anderen privaten Stromerzeugern verbinden und sich innerhalb dieser Gruppe fast vollständig selbst mit grünem Strom versorgen. Ab Ende des Monats soll die Lösung scharf geschaltet sein.

Digitale Datenbank bildet Stromflüsse ab

Private PV-Besitzer speisen dabei überschüssigen Strom in die Energy-Cloud statt in das öffentliche Netz ein. Bei Bedarf kann jedes Mitglied Strom aus dem virtuellen Speicher beziehen. Der Strombezug ist stets gesichert, da EWE die Stromreserven im Falle einer Verknappung wieder mit erneuerbarer Energie aus eigenen Anlagen aufstockt. Nicht genutzter Strom wird von EWE verkauft, die Überschussgewinne kommen der Community zugute. Grundlage des Geschäftsmodells ist eine digitale Datenbank, die die Stromflüsse der einzelnen Teilnehmer abbildet. Entwickelt wurde diese vom Kooperationspartner Swisscom Energy Solutions.

Kunden zahlen monatlichen Festbeitrag

Die Lösung ist eine Abkehr vom klassischen Abschlagsmodell, Kunden zahlen für die Teilnahme an der grünen Stromgemeinschaft einen individuellen monatlichen Festbeitrag, ohne Nachzahlungsrisiko. Bei einem Stromverbrauch von 5000 kWh pro Jahr liegt der Beitrag beispielsweise bei rund 14 Euro im Monat. Im Vergleich dazu werden die bisherigen Stromkosten mit 102 Euro im Monat angegeben. Das Betreiben einer Community sei für EWE ein neuartiges Geschäftsmodell, so Michael Heidkamp, Vorstand Markt der EWE AG, im Gespräch mit der ZfK.
Bei „myEnergyCloud" gehe es vor allem darum, Erfahrungen mit derartigen Ansätzen zu sammeln. Das Modell lebe von möglichst vielen Teilnehmern. EWE orchestriere dabei nur die Community, die Preise bildeten sich innerhalb der Gemeinschaft. Durch das Matchen von Angebot und Nachfrage leiste das Angebot auch einen Beitrag zur Lösung der aktuellen Probleme der Energiewende, beispielsweise in dem Überschussstrom in die Cloud fließe und das Abregeln von Erneuerbaren-Anlagen vermieden wird. 

Anreiz für möglichst langen Weiterbetrieb von PV-Anlagen schaffen

Über eine kleine Box integriert die Cloud auch Wärmeerzeuger der Teilnehmer wie Speicherheizung, Wärmepumpe und Warmwasserspeicher. Auch Kunden ohne eigene Erzeugungsanlage können den Communitystrom für die Wärmeerzeugung nutzen. „Damit leistet unsere Cloud einen entscheidenden Beitrag zur Sektorkopplung, der Energiewende und den Klimazielen", sagt Markus Seidel, zuständiger Produktmanager bei EWE Vertrieb. Diese zusätzliche Nutzungsoption könne auch einen Anreiz für einen Austausch alte gegen moderne Heizungen mit besserer CO2-Bilanz sein. Mit dem Angebot wolle man zudem, mit Blick auf die Vielzahl an EEG-Anlagen, die 2021 aus der Förderung fallen werden, einen lukrativen Anreiz zum Weiterbetrieb schaffen. Die digitale Plattform sorge für Stabilität in kleinen regionalen Verteilnetzen und gebe zudem einen genauen Überblick über die jeweiligen Assets. Denkbar sei, dass man die entsprechenden Daten in einem späteren Schritt gegen eine Gebühr dem jeweiligen Netzbetreiber zur Verfügung stelle. (hoe)