Smart City / Energy

Smart-Meter-Devise: Wettbewerblich für den Rollout aufstellen!

Damit der Rollout für kleine und mittlere Netzbetreiber zum wirtschaftlichen Business-Case wird, muss der Fokus auf Stromvertrieb und Bündelprodukten liegen.
14.06.2018

Grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSB) werden es im aufkommenden Markt für Smart Metering schwer haben, so der Expertenkanon auf dem BDEW Kongress in Berlin. Das margenträchtige Geschäft mit den intelligenten Messsystemen liegt bei Großverbrauchern über 20 000 kWh pro Jahr. Um sich diese Kunden zu sichern, sollten sich die kleinen und mittleren Unternehmen wettbewerblich aufstellen.

Geht es nach Fritz Wengeler, Geschäftsführer von Smartoptimo, werden wettbewerbliche Messstellenbetreiber (wMSB) die gMSB "überholen". Immerhin sind wettbewerblich aufgestellte Betreiber weniger an das Messstellenbetriebsgesetz gebunden. Sie können Laufzeitverträge für die jeweiligen Messsysteme vereinbaren und dementsprechend höhere Messentgelte kundenfreundlicher integrieren. Außerdem können sie durch die Bündelung von Vertriebswegen für Quersubventionierungen sorgen. Kosten für die Zählerumrüstung können in den Stromkosten verrechnet und die geltenden Preisobergrenzen (POB) unterboten werden. Das erhöht vor allem den Druck im Großkundengeschäft ab 20 000 kWh Jahresverbrauch. GMSB haben deutlich weniger Spielraum bei der Preisgestaltung, was ihnen bei wichtigen Vertriebswege für Strommengen und Mehrwertleistungen im Weg steht.

Unsicherheit durch BNetzA

Ein wettbewerblicher Betrieb ist jedoch für viele kleine und mittlere Unternehmen mit großen Unsicherheiten verbunden. So legte die Bundesnetzagentur (BNetzA) fest, dass wMSB und gMSB nicht unter ein und derselben Geschäftsform firmieren dürfen. Viele Grundzuständige stehen daher vor der Frage, ob sie eine eigene Gesellschaft gründen müssen. Das ist mit hohen Investitonen und Risiken verbunden, so Christian Meyer-Hammerström, BDEW-Vizepräsident und Chef der Osterholzer Stadtwerke.

All zu lange sollten die Netzbetreiber und Versorger jedoch nicht warten, denn Konkurrenz droht auch aus einer ganz anderen Richtung: Die Industrie entdeckt das Geschäft mit den smarten Zählern für sich. Daher sollten Netzbetreiber zwar nicht in „Aktionismus verfallen“, aber wachsam bleiben, so Thomas Peter Müller, Geschäftsführer von der Netzgesellschaft Heilbronn-Franken. Großkonzerne wie Siemens hätten ganz andere wirtschaftliche Möglichkeiten in einen aufkommenden Markt einzusteigen und sich Positionen zu sichern. Zudem treten auch Speicherhersteller mit attraktiven Bündelprodukten auf den Markt. Mittelständler müssten sich dementsprechend frühzeitig auf kurzfristige Konkurrenz einstellen, zügig mit dem Rollout beginnen und bereits mit modernen Messeinrichtungen Erfahrungen sammeln.

Kundenakzeptanz ist Grundlage

Etwas relativierender sieht Meyer-Hammerström die Lage: Bevor es um Bündelprodukte und Mehrwertdienstleistungen geht, müsse vor allem Akzeptanz der neuen Technologie beim Kunden geschaffen werden. Für den Endverbraucher sei Smart Metering kein Alltagsthema, daher müsse das Thema greifbar gemacht werden. Bevor über die Erweiterung von datenbasierten Geschäftsmodellen und Internet-of-Things-Lösungen nachgedacht werden könne, müsse der Kunde zunächst vom Mehrwert der neuen Zähler selbst überzeugt werden.

Von der Politik erhoffen sich alle drei Branchenkenner einen baldigen Startschuss für die Markteinführung von Smart Metern und Rahmenbedingungen, die für kleine und mittlere Unternehmen einen wirtschaftlichen Business-Case ermöglichen. (ls)