Strom

Bilanz zum "Orkan der Königsklasse"

Das Sturmtief "Friederike" hielt zahlreiche Stadtwerke und Netzbetreiber auf Trab. Die Auswirkungen waren bei manchen so stark wie lange nicht mehr. Die Mitarbeiter gerieten an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit.
22.01.2018

Orkan der Königsklasse nannte der Deutsche Wetterdienst (DWD) den Orkan Friederike, der mit Spitzengeschwindigkeiten von 203 Kilometern pro Stunde auf dem Brocken gemessen wurde. Das Sturmtief gilt als einer der stärksten Stürme seit Kyrill und verursachte zahlreiche Schäden. Eine kleine Zusammenfassung:


Mitnetz Strom:

Vier Tage nach dem Orkan haben alle Kunden der Netztochter von Envia-M in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg wieder Strom. Bis zum Sonntagabend waren nach Angaben von Mitnetz Strom alle Schäden behoben. Am Donnerstag waren bis zu 140 000 Kunden ohne Strom gewesen, bis zum Samstagabend saßen dann noch etwa 750 Haushalte in Sachsen und Brandenburg im Dunklen. Allein am Sonntag wurden noch einmal 200 Störungen beseitigt. "Alle Mitarbeiter und Einsatzkräfte sind nach vier Tagen im Einsatz an der Grenze ihrer Leistungesfähigkeit angekommen", so Mitnetz Strom. Die hohe Anzahl paralleler Störungen und die teilweise sehr aufwendige Störungsbeseitigung hatte die vollständige Wiederversorgung erschwert.

Stadtwerke Bielefeld:

Nach dem Sturmtief gingen in die Leitstelle der Bielefelder insgesamt über 800 Anrufe ein. Grund für die Störungen waren Bäume, die in Freileitungen gestürtzt waren. Betroffen waren Leitungen in allen Spannungsbereichen. Die Arbeiten fanden größtenteils in drei bis fünf Metern Höhe statt, wofür besondere Geräte wie Hubsteiger benötigt wurden. Höchste Priorität hatten neben der Schadensbeseitigung besonders Leitungsabschnitte, über die viele Kunden versorgt werden.

"Der Orkan hat uns so in Mitleidenschaft gezogen wie zuletzt vor 30 Jahren der Eisregen. Wir haben das ganze Wochenende mit allen verfügbaren Mitarbeitern durchgearbeitet", so Martin Uekmann, Geschäftsführer der Stadtwerke. Sein besonderer Dank galt den Stadtwerken Ahlen und Gütersloh, die mit Spezialkräften und Gerät in dieser "absoluten Ausnahmesituation" unterstützten. Uekmann zufolge wird es bis in die nächste Woche hinein dauern, wieder Strom in alle Haushalte zu bringen.

Westnetz:

Um etwa 10 Uhr am Donnerstag erreichten den Verteilnetzbetreiber der Innogy SE die ersten Meldungen über Versorungsunterbrechungen aus den westlichen Gebieten von Nordhrein-Westfalen. Gegen 14 Uhr war der Höhepunkt im Westnetz-Gebiet erreicht: etwa 150 000 Menschen, waren ohne Strom – davon etwa 120 000 in Nordrhein-Westfalen, 20 000 in Rheinland-Pfalz und 10 000 im südlichen Niedersachsen.

Insgesamt kam es zu rund 600 Störungen im Bereich der Hoch-, Mittel- und Niederspannung. Mehr als 500 Mitarbeiter von Westnetz und rund 200 Techniker von Fremdfirmen waren rund 800 Mal im Einsatz. Zum Teil wurden Leitungen auch per Hubschrauber auf mögliche Schäden überprüft. Bis 17 Uhr war die Stromversorgung wieder überall hergestellt. In Einzelfällen setzte der Verteilnetzbetreiber für die Betroffenen Stromaggregate ein. "Trotz der zahlreichen Stromausfälle können wir festhalten, dass unser Verteilnetz sehr sturmfest ist, vor allem im internationalen Vergleich", kommentierte Westnetz-Geschäftsführer Stefan Küppers. Dies liege auch daran, dass Stromleitungen zunehmend unter die Erde gelegt würden. Besonders erfreut war Küppers darüber, dass angesichts der zum Teil schwierigen Einsätze nach derzeitigem Stand kein Mitarbeiter von Westnetz oder Kollegen der Partnerfirma zu Schaden kamen.

Wuppertaler Stadtwerke:

Sturmtief Friederike hatte am Donnerstag deutliche Auswirkungen auf den ÖPNV und die Stromversorgung in Wuppertal. Die Schwebebahn fuhr wegen der starken Windböen zeitweise nur mit Tempo 30 durchs Tal und musste am Mittag für eine Viertelstunde pausieren, weil ein Baum gegen das Gerüst gekippt war. Im Busverkehr kam es wegen Straßensperrungen zu zahlreichen Störungen. Sturmbedingte Unfälle habe es aber nur wenige gegeben und auch die nur mit geringem Sachschaden, so die Wuppertaler. "Insgesamt sind wir in Wuppertal sehr glimpflich davongekommen", resümiert Betriebsleiter Christian Kindinger.

Anders verlief das Fazit von Joachim Fritz, der bei den WSW für den Betrieb des Mittel- und Niederspannungsnetzes verantwortlich ist. "Uns hat es so stark getroffen wie lange nicht mehr", so Fritz. Über vierzig Schadensfälle an Stromleitungen verzeichnete der Betriebsbericht zum Donnerstag. Dabei waren auch Hochspannungsleitungen betroffen. Meist sei es nicht möglich gewesen, die Schäden direkt zu beheben. Bei dem anhaltenden Sturm wäre das zu gefährlich für die Mitarbeiter gewesen. Daher wurden die betroffenen Leitungsabschnitte zunächst stromlos geschaltet. Die Reparaturarbeiten dauerten teilweise noch bis tief in die Nacht am Donnerstag.

Lobende Worte gab es für die Zusammenarbeit mit Feuerwehr und den TWL, die halfen, die Leitungstrassen von umgestürzten Bäumen und Ästen zu befreien. Auch Notstromaggregate kamen zum Einsatz um die Stromversorgung wieder herzustellen. Erfreulich sei auch gewesen, dass die meisten Kunden aufgrund der außergewöhnlichen Umstände sehr verständnisvoll auf die Versorgungsunterbrechung reagierten, so Fritz. Ihn und seine Leute wird die dauerhafte Reparatur der Leitungen noch einige Wochen beschäftigen (sg/dpa)