Wärme

Berlin:Ein Stück Energiegeschichte geht vom Netz

Der Block C des Kraftwerks Reuter ist stillgelegt worden. Als Ersatz wurde vor kurzem eine große Power-to-Heat-Anlage in Betrieb genommen. Der Kraftwerksstandort Reuter spielt eine zentrale Rolle beim geplanten Kohleausstieg von Vattenfall in Berlin bis 2030.
04.10.2019

Ein Stück Berliner Nachkriegsgeschichte: das Kraftwerk Reuter im Jahre 1949, damals noch ohne den jetzt stillgelegten Block C

Block C des Berliner Kraftwerks Reuter wird stillgelegt. Reuter C war bei seiner Inbetriebnahme am 1. Dezember 1969 mit einer installierten Leistung von 132 MW der bis dato größte Kraftwerksblock. Über fünf Jahrzehnte hinweg hat er, so der Betreiber Vattenfall, „wesentlich zur Sicherung der Wärme- und Stromversorgung vor allem in West-Berlin beigetragen“. Vattenfall hat als Ersatz für Block Reuter C kürzlich Europas größte Power-to-Heat-Anlage in Betrieb genommen.

In der neuen Anlage wird Fernwärme aus elektrischer Energie erzeugt, und ist ein wichtiger Baustein der Berliner Wärmewende. In das Gesamtprojekt zum Ersatz von Reuter C – neben der Power-to-Heat-Anlage laufen dort gasbefeuerte Heißwassererzeuger – investiert die Vattenfall Wärme Berlin AG knapp 100 Mio. Euro. Ebenfalls am Standort Reuter erprobt Vattenfall zusammen mit dem schwedischen Unternehmen SaltX Technology, inwieweit sich überschüssiger Grünstrom aus Wind oder Sonne in Form von Wärme in Salz speichern lässt.

Wärmewende soll bis 2030 vollzogen sein

Der Kraftwerksstandort Reuter wird damit auch künftig eine zentrale Rolle beim geplanten Kohleausstieg von Vattenfall in Berlin bis 2030 spielen. Entsprechend den Ergebnissen der kürzlich vorgestellten Machbarkeitsstudie werden die Heizkraftwerke Reuter West und Moabit zu zukunftsfähigen Energie-Verbundstandorten weiterentwickelt. Am Standort sind verschiedene Konzepte zur Weiterentwicklung entweder bereits im Einsatz oder in der Erprobungsphase.

Den Berlinern ist das Kraftwerk als Teil der Stadtsilhouette vertraut, und das Kraftwerk hat auch eine besondere Geschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es von den Sowjets bis auf die Maschinenfundamente demontiert. Der dringend notwendige Wiederaufbau verzögerte sich durch Einsprüche der Sowjets in der Alliierten Kommandantur bis ins Jahr 1948 und wurde durch die Blockade Berlins 1948/1949 weiter erheblich erschwert. Über die Berliner Luftbrücke wurden Kessel- und Maschinenteile mit einem Gesamtgewicht von 1.416 Tonnen eingeflogen.

Ein Stück Ost-West-Geschichte

Am 1. Dezember 1949 konnte schließlich die Inbetriebnahme durch Berlins damaligen Oberbürgermeister Ernst Reuter stattfinden. Nach seinem Tod 1953 wurde das Kraftwerk West ihm zu Ehren in Kraftwerk Reuter umbenannt. Mit der Inbetriebnahme von Reuter C im Jahr 1969 verfügte der Kraftwerksstandort nach mehreren Ausbauphasen über eine installierte Leistung von 458 Megawatt. Das war unverzichtbar, um im Kalten Krieg die Wärme- und Stromversorgung der „Insel“ West-Berlin zu sichern. (sig)