"Ein Baustellen-Burnout würde die Akzeptanz der Energiewende gefährden"
Wie könnte eine bezahlbare Wärmewende aussehen und auf welche Technologien sollten Kommunen und Stadtwerke dabei setzen? Eine Wärmelösung für alle kann es nicht geben, waren sich die Podiumsteilnehmer beim DVGW-Kongress in Berlin einig. Die Wärmewende brauche Elektronen und Moleküle.
Die Idee, einen oben beschlossenen "Wärmeplan" wie einen roten Teppich über ganz Deutschland auszurollen, könne nicht funktionieren, sagte Andreas Schick, Geschäftsführer der Netze-Gesellschaft Südwest. Zu unterschiedlich seien die Gegebenheiten vor Ort. Für den Neubau sei die Wärmepumpe eine überzeugende Lösung, im Altbau habe man ganz andere Herausforderungen.
Angst vor teuren Wärmepumpen
Generell sei die Bereitschaft, in neue Wärmelösungen zu investieren, aktuell nicht sehr groß, beklagten die Diskutanten. Unglücklich geführte politische Debatten etwa über das GEG hätten Bürger und Unternehmen massiv verunsichert, sagte Peter Flosbach, Technischer Geschäftsführer von DEW 21. Vom Wärmepumpenboom zu Zeiten einer drohenden Gasmangellage sei nicht mehr viel übriggeblieben.
Hinzu komme eine begrenzte Bereitschaft für den Klimaschutz tiefer in den Geldbeutel zu greifen. Viele Menschen würden nun lieber eine neue Gasheizung kaufen – aus Angst, dass ihnen die Politik neue Wärmelösungen vorgibt, die deutlich teurer werden.
Netzbetreiber sollten proaktiv agieren
Schlechte Karten für Versorger und Kommunen also, die darauf angewiesen sind, dass Kunden beziehungsweise Bürger mitziehen bei der Wärmewende. "Netzbetreiber sollten auf keinen Fall warten, dass die Kommunen mit der Wärmeplanung loslegen. Sie sollten proaktiv auf die Bürgermeister zugehen", riet Robert Manig, Leiter Energieversorgungssysteme bei der DBI Gas und Umwelttechnik GmbH. Es sei wichtig, dass Netzbetreiber von Anfang an mit am Tisch sitzen und Partner der Kommune seien statt bloßer Datenlieferant.
Diese Einschätzung teilte auch Peter Flosbach. Dortmund hat bereits Ende 2021 einen Energienutzungsplan vorgelegt und ist auch bei der kommunalen Wärmeplanung Vorreiter. Wichtiges Arbeitsinstrument der Dortmunder ist ein "digitaler Zwilling", der die Simulation möglichst vieler unterschiedlicher Szenarien möglich mache.
Robuster Plan
Wichtig sei auch eine integrierte Zielnetzplanung, die nicht nur den Wärmebereich in den Blick nehme, sondern auch andere Bereiche wie etwa den der Mobilität. "Der Plan, den wir erarbeitet haben, ist extrem robust mit Blick auf die nötigen Investitionen und den Ausbau der Netze", sagte Flosbach.
Man wisse nun auch, wann wo gebaut werden müsse – ein Thema, das für den Erfolg der Wärmewende entscheidend sei. Ein "Baustellen-Burnout" würde die Akzeptanz der Energiewende bei den Bürgern gefährden, ist Flosbach überzeugt.
Kohärente Netzplanung
Florian Feller, Vorsitzender von H2vorOrt und Leiter Klimastrategie und Politische Arbeit bei Energie Schwaben, mahnte bei den Netzen eine bessere Abstimmung an. Die Umstellung auf Wasserstoff müsse sauber geplant werden, damit der Energieträger dann auch in jeder Kommune ankomme. Fellers Fazit: Die beste Kommunale Wärmeplanung nutze nichts, wenn der Rest nicht passe beziehungsweise nicht zu Ende gedacht sei.
Viele Gesetze der Ampel seien handwerklich nicht gut gemacht, kritisierte Feller. Gerade für kleine Netzbetreiber seien die Regelungen oft nicht praktikabel. Zudem fehle es an einer echten Gleichberechtigung der verschiedenen Technologien. Nach Fellers Einschätzung wird die Wärmepumpe nach wie vor gegenüber dem Wasserstoff bevorzugt. Er hoffe, dass die nächste Bundesregierung die "Landmine" GEG noch einmal anfasst, stellte Feller unmissverständlich klar.
Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen
"Wir brauchen einen Reality Check der Energiewende", forderte Andreas Schick. Wenn man sich ehrlich mache, stelle man fest, dass der Ausbau der Stromnetze um ein Vielfaches teurer sei als die Umrüstung der Gasnetze. Grundsätzlich gelte: "Unsere Energiepreise müssen global wettbewerbsfähig sein." Es sei keinem geholfen, wenn Deutschland als vergleichsweise kleines Land klimaneutral werde, wenn alle anderen es nicht seien. (amo)