Entsorgung

Städte nach Urteil zu Verpackungssteuer noch zögerlich

Mit einer Steuer auf Einwegverpackungen preschte die Stadt Tübingen vor – und bekam vor Gericht recht. Viele Städte in Deutschland warten noch ab, einige prüfen eine Einführung.
14.06.2023

Die Meinungen gehen auseinander: Hilft eine Steuer auf Einweg-Verpackungen für To-go-Essen Müllberge in den Städten zu vermeiden?

 

Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugunsten der Verpackungssteuer in Tübingen zeigen sich Städte in Deutschland noch zögerlich, dem Beispiel aus Baden-Württemberg zu folgen. Als Gründe nannten Kommunen in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zumeist den Wunsch nach einer städteübergreifenden Lösung und die noch nicht vorliegende Urteilsbegründung.

Seit Anfang 2022 hat Tübingen eine Verpackungssteuer – für Einweggeschirr und Einwegverpackungen wird eine Gebühr fällig. Das soll Müllberge in der Stadt vermeiden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das in einem Grundsatzurteil Ende Mai für rechtmäßig erklärt. Geklagt hatte die Betreiberin einer Tübinger McDonald's-Filiale. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.

Initiative auf Bundes- oder EU-Ebene

In der Stadt Berlin steht eine Verpackungssteuer derzeit nicht auf der Agenda. Aus Sicht Berlins sollte eine mögliche Verpackungssteuer wenn überhaupt nur auf Bundes- oder europäischer Ebene eingeführt werden, teilte eine Sprecherin der Umweltverwaltung mit. Eine kommunale Einführung würde zu einer zerklüfteten Steuerlandschaft führen.

Die Stadt befürchtet zudem «Beschwerden hinsichtlich Gleichbehandlung und Wettbewerb». Zugleich teilte die Sprecherin mit: «Eine solche Verpackungssteuer würde wahrscheinlich den Verbrauch von Einwegprodukten deutlich mindern.»

Stuttgart zweifelt an der Wirksamkeit der Steuer

In Düsseldorf wird das Urteil laut einem Sprecher «mit Interesse verfolgt». Konkrete Pläne, es Tübingen gleich zu tun, gibt es aber nicht. Die Stadt verweist unter anderem darauf, dass seit Jahresbeginn bereits die sogenannte Mehrwegangebotspflicht in Deutschland gelte.

Die Stadt Stuttgart zweifelt die Wirksamkeit der Steuer an. Wie eine von der Universität Tübingen veröffentlichte Studie zeige, sei es umstritten, ob eine derartige Steuer tatsächlich zur Reduktion von Verpackungsmüll führt, teilte ein Sprecher mit. Gemeinsam mit der Gastronomie sollen deshalb Mehrwegsysteme untersucht werden, die die Kundschaft auch annehme. Auch in den Städten Augsburg, Hildesheim und Bautzen gibt es derzeit keine Pläne für eine Abgabe auf Einwegverpackungen.

Warten auf die Urteilsbegründung

In Trier gab es dagegen bereits 2019 einen Antrag zur Einführung der Steuer. Wegen des laufenden Verfahrens aus Tübingen kam es bislang zu keiner Entscheidung. Das Urteil und die Begründung sollen nun geprüft werden, hieß es von der Stadt. So geht auch die Stadt München vor. Zugleich fordern dort zwei Stadtratsfraktionen eine Umsetzung der Verpackungssteuer.

Auch in Nürnberg soll die Einführung der Verpackungssteuer geprüft werden. Sie halte die Lenkungs- und Anreizfunktion, die mit der Verpackungssteuer verbunden werde, für sehr sinnvoll, teilte die Stadt mit.

Ausweitung auf weitere Einwegverpackungen

Doch auch hier möchte die Verwaltung zunächst auf die schriftliche Begründung des Urteils warten. Eine «Insel-Lösung» nur für Nürnberg mache zudem keinen Sinn. Die Stadt sieht den Bund am Zug, die Gesetzgebung zu erweitern und die Sonderabgabe für Produkte aus Einwegplastik auch auf Pizzakartons, Aluminiumschalen und Kaugummis auszudehnen.

In Dresden haben Klima-Initiativen in einem Offenen Brief die Einführung einer Verbrauchssteuer auf Verpackungen für Essen zum Mitnehmen gefordert. «Bei der Vermüllung der Stadt und der Umwelt durch Einweg-Takeaway-Verpackungen, die oft nur wenige Minuten genutzt werden, braucht es endlich eine echte Trendwende», sagte Louise Hummel-Schröter von Parents for Future Dresden in einer Mitteilung von Mittwoch. (dpa/hp)