E-Mobilität

Wasserstoffstrategie könnte CO2-Emissionen steigen lassen

Aurora Energy Research zeigt mit seinen Berechnungen, dass die nationale Wasserstoffstrategie ohne einen ambitionierten Erneuerbaren-Ausbau statt weniger Emissionen sogar mehr Emissionen verursachen könnte.
09.11.2020

Damit die Wasserstoffstrategie zum Katalysator der Energiewende wird und nicht zum Rohrkrepierer, braucht es deutlich mehr Erneuerbaren-Kapazitäten.

Energiewende-Verbände und Analysehäuser werden nicht müde, auf die drohende Ökostromlücke hinzuweisen, wenn die Bundesregierung in der EEG-Novelle 2021 nicht massiv die Erneuerbaren ausbaut. Auch die natinonale Wasserstoffstrategie könnte in Folge fehlender Erzeugungskapazitäten mehr schaden als heilen, so die neuesten Berechnungen von Aurora Energy Research.

Das Beratungsunternehmen aus Berlin hat durchgerechnet, wie sich die Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung auswirken, wenn sie jeweils wie geplant umgesetzt werden. Während der Ausbau der Offshore-Windkraft die Emissionen reduziert, lässt die geplante Produktion von Wasserstoff per Elektrolyse den Strombedarf ansteigen. In der Bilanz würden sich beide Effekte gerade mal ausgleichen, mit der Folge, dass der Stromsektor trotz des Windkraft-Zubaus nicht kohlenstoffärmer werde, so die Experten.

Aktuelle installierte Erneuerbaren-Leistung verdoppeln

Zudem würde der steigende Strombedarf durch die Wasserstoffproduktion dafür sorgen, dass die Erneuerbaren am Strommix nicht 65 Prozent, sondern lediglich 55 Prozent erreichen. „Um das 65-Prozent-Ziel trotzdem zu erreichen, müssten die heute installierten 125 Gigawatt erneuerbare Stromerzeugungskapazität bis 2030 fast verdoppelt werden – das ist mit den aktuellen Ausbauzielen der Bundesregierung nicht erreichbar“, betont Jan-Lukas Bunsen, Projektleiter im Berliner Büro von Aurora Energy Research.

Die Studienautoren empfehlen daher, Wasserstoffwirtschaft und Erneuerbaren-Ausbau als Gesamtpaket zu betrachten und Maßnahmen eng aufeinander abzustimmen: „Nur durch diese Koppelung lässt sich sicherstellen, dass der per Elektrolyse hergestellte Wasserstoff auch wirklich kohlenstoffärmer ist als der aus Erdgas erzeugte“, sagt Bunsen. „Zudem lassen sich dann auch wirtschaftliche Synergien erreichen.“

Gesamtpaket schnüren

So könnten zum Beispiel die Betreiber von Erneuerbare-Energien-Projekten ihre Einnahmen um bis zu vier Prozent steigern, wenn sie ein wetterbedingtes Strom-Überangebot an Wasserstoffelektrolyseure verkaufen. „Solche positiven Rückkopplungen beschleunigen wiederum den Erneuerbaren-Ausbau, bei gleichzeitig geringerem Subventionsbedarf“, resümiert der Projektleiter.

Doch nicht nur bei den Erneuerbaren muss ordentlich ausgebaut werden, auch die Wasserstoff-Infrastruktur steht auf der Agenda. So müssen laut Studie etwa 11.000 Kilometer neue Leitungen bis 2030 verlegt werden – nur im Stromsektor. Und auch die Industrie muss rechtzeitig umrüsten, denn Umstellung dauert laut Aurora Energy Research Jahre. Als Fazit fordern die Studienautoren ein politisches Gesamtkonzept, dass alle Aspekte der Wasserstoffwirtschaft berücksichtigt. (lm)