ÖPNV

Berlin prüft weitere Finanzierungssäule für den ÖPNV

Mit einer Machbarkeitsstudie lotet der Berliner Senat neue Finanzierungsmöglichkeiten aus. Möglicherweise werden alle Berliner für den ÖPNV zur Kasse gebeten – unabhängig davon, ob sie ihn nutzen oder nicht.
11.06.2020

Wegbrechende Einnahmen infolge der Corona-Krise setzen den ÖPNV zusätzlich unter Druck.

Rot-Rot-Grün prüft alternative Modelle für eine weitere Finanzierungssäule des Berliner ÖPNV. Die Senatsverwaltung für Verkehr hat eine entsprechende Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Sie soll in den kommenden Wochen veröffentlicht werden, wie die drei Fraktionen der rot-rot-grünen Regierungskoalition am Mittwoch gemeinsam mitteilten. Den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, ist ein Ziel, zu dem sich Rot-Rot-Grün unter anderem im Mobilitätsgesetz verpflichtet hat.

Die Studie untersucht den Angaben zufolge drei Modelle für zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten des ÖPNV. Dazu zählt ein allgemeiner ÖPNV-Beitrag für alle Berlinerinnen und Berliner, ein Beitrag, den Grundstückseigentümer sowie Gewerbebetriebe und Übernachtungsbetriebe zu zahlen haben, und eine City-Maut als Gebühr für das Benutzen der Straßen in der Innenstadt. Rot-Rot-Grün werde die Ergebnisse der Studie nun auswerten, kündigten die Fraktionen an. Bisher wird der ÖPNV über den Fahrkartenverkauf und Steuergelder finanziert.

Mehr Menschen zum Umstieg bewegen

"Neue Einnahmen müssen zweckgebunden in den Erhalt und Ausbau einer modernen und leistungsfähigen Infrastruktur fließen", forderte Tino Schopf von der SPD-Fraktion. "Eine gute Infrastruktur entscheidet über die Zukunftsfähigkeit einer Stadt." Kristian Ronneburg (Linke) ergänzte: "Mit einer neuen Finanzierungssäule können Mittel für den Ausbau des ÖPNV bereitgestellt und weitere Schritte in Richtung einer Öffi-Flat gegangen werden." Harald Moritz (Grüne) erklärte, ein attraktiver ÖPNV sei notwendig, um immer mehr Menschen eine Alternative zum eigenen Auto zu bieten. "Die bisherige Finanzierung stößt hier an ihre Grenzen."

Der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK) kritisierte das Vorhaben in Teilen. Es sei unerklärlich, "die ÖPNV-Finanzierung auf alle Berliner Bürger und Betriebe sowie das Übernachtungsgewerbe und dessen Gäste umzulegen. Solche Finanzierungsmodelle belasten ausgerechnet in der schärfsten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren diejenigen, die zukünftiges Wachstum erwirtschaften sollen", teilte Jörg Nolte mit. (dpa/amo)