Gas

Mehr als erwartet: Deutschland hat seinen Gasverbrauch 2022 drastisch reduziert

Eine Studie zeigt, dass Privathaushalte, Industrie und Kraftwerke ihren Gasverbrauch 2022 um etwa ein Viertel reduziert haben. Die Wissenschaftler leiten daraus wichtige Erkenntnisse für die Politik ab.
08.05.2023

Weniger Gas verbraucht: Die Sparappelle der Bundesregierung haben offenbar Früchte getragen.

Während der Energiekrise ist der Erdgasverbrauch in Deutschland deutlich gesunken. Das belegen die Daten einer aktuellen Studie des Centre for Sustainability der Hertie School. In Privathaushalten, Industrie und Kraftwerken sank der Gasverbrauch zwischen September und Dezember 2023 um rund 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Am höchsten waren die relativen Einsparungen über alle Sektoren im September 2023 mit 28 Prozent weniger Gasverbrauch als im Vorjahresmonat. Die Forscher belegen anhand ihres Rechenmodells außerdem, dass die Gaseinsparungen kein einmaliger Wettereffekt waren, sondern das Ergebnis einer grundlegenden Verhaltensänderung von Verbrauchern sind.

„Dass Deutschland knapp ein Viertel seines Gasverbrauchs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingespart hat, ist eine grundlegende Veränderung und deutlich mehr als wir zu Beginn der Krise erwartet haben“, ordnet der Erstautor Oliver Ruhnau die Ergebnisse in einer Pressemitteilung ein. Insgesamt hatten sowohl die Europäische Kommission als auch die Bundesregierung Sparziele, zwischen August 2022 und März 2023 von 15 (EU) bzw. 20 (Deutschland) Prozent für den Gasverbrauch ausgerufen, um den Engpässen bei der Gasversorgung vorzubeugen.

Unterschiedliche Muster

Die Wissenschaftler ermittelten die Einsparungen aufgeteilt in die Sektoren Kleinverbraucher, dazu gehören Privathaushalte und kleine Unternehmen, sowie Industrie und Kraftwerke. Die tatsächlichen Gaseinsparungen in den drei Sektoren weisen unterschiedliche Muster auf. In der Industrie wurde grundsätzlich früher angefangen zu sparen und die Einsparungen waren über den gesamten Untersuchungszeitraum zwischen September 2021 und Dezember 2022 höher.

In der Industrie begannen die Verbraucher bereits im September 2021 mit ersten Einsparungen. Damals lag der monatliche Verbrauch um vier Prozent niedriger als für diese Jahreszeit üblich. Ein Jahr später erreichten die Gaseinsparungen in der Industrie ihren bisherigen Höhepunkt. Im Oktober 2023 sparten die Industrieverbraucher 27 Prozent ein. Damit sind die Einspareffekte innerhalb eines Jahres in der deutschen Industrie um das Siebenfache gestiegen.

Später Start bei den Privathaushalten

Privathaushalte haben erstmals im März 2022 begonnen, signifikant Gas zu sparen und damit deutlich später als Industriekunden. Damals betrugen die Einsparungen zehn Prozent. Im Oktober 2022 schließlich verzeichnen die Studienautoren die größten Einsparungen im Privatsektor: „Bei den Kleinverbraucher:innen, erreichten die Einsparungen im September 2022 mit 28 Prozent ihren Höhepunkt“, fasst Co-Autor Clemens Stiewe zusammen.  

In ihrer Studie verweisen die Autoren außerdem auf eine Bedeutung ihrer Ergebnisse für die Politik. Es seien weniger die Subventionen von Gütern, sondern eher die Preisanpassungen infolge von Marktveränderungen, die zu Verhaltensänderungen führen. „Marktpreise scheinen ein wirksames Mittel zu sein, um Anreize für Gaseinsparungen zu schaffen“, sagt Co-Autor Lion Hirth, Professor für Energiepolitik. Diese müssen jedoch sinnvoll ergänzt werden. „Unterstützungsmaßnahmen und Entlastungspakete sind notwendig, um Härten abzufedern. Diese sollten aber so gestaltet sein, dass die Anreize zum Gassparen erhalten bleiben“, so Hirth weiter. (amo)