Gas

Nordhackstedt: PtG mit Biogas & Wasserstoff ist geplant

Nachdem zwei Anlagen aus der EEG-Umlage fallen, wurde eine Studie mit einer Power-to-Gas-Anlage konzipiert. Nachdem die Ergebnisse positiv ausgefallen sind, folgen nun die Pilotanlagen.
11.02.2022

Die Biogasanlage liefert wiederum Rohbiogas, dessen CO2-Anteil in einem Reaktor mit dem Wasserstoff zu Methan (CH4, erdgasäquivalent) reagiert. In diesem Fall handelt es sich um eine biologische Methanisierung. (Symbolbild)

Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und die Hochschule Flensburg haben in einer Studie ein Power-to-Gas-Konzept für einen Erneuerbare-Energien-Standort entwickelt. Es betrifft die schleswig-holsteinische Gemeinde Nordhackstedt. Dort soll der Weiterbetrieb von zwei Windrädern ermöglicht werden, die keine gesetzlich garantierte Stromvergütung mehr bekommen. Die Berechnungen ergaben: Wirtschaftliche Methan-Herstellungskosten seien möglich – vorausgesetzt, es erfolgen Anpassungen bei den regulatorischen Rahmenbedingungen für die Energiewende, teilt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe mit.

In der Gemeinde betreibt der Landwirtschaftsbetrieb Nissen Biogas GmbH & Co. KG eine 900-kW-Biogasanlage, zwei Satelliten-Blockheizkraftwerke (je 400 kW), ein Nahwärmenetz und zwei Windkraftanlagen mit 600 bzw. 1,5 MWel Nennleistung. Für die beiden Windräder läuft der 20-jährige Vergütungszeitraum nach Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ab – für den Strom aus diesen Anlagen erhalten die Betreiber nur noch Börsenstrompreise, mit denen die Windräder kaum rentabel zu betreiben sind. Um sie nicht abschalten zu müssen, suchten sie nach neuen Geschäftsmodellen.

Das Geschäftsmodell: Wasserstoff-Elektrolyseur und Biogasanlage

Die BTU-Forscher entwickelten dafür eine Idee rund um den Ansatz Power-to-Gas (PtG). Konkret sieht das Konzept vor, dass die Windräder den Strom für einen Elektrolyseur liefern, der Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff (H2) zerlegt. Die Biogasanlage liefert wiederum Rohbiogas, dessen CO2-Anteil in einem Reaktor mit dem Wasserstoff zu Methan (CH4, erdgasäquivalent) reagiert. In diesem Fall handelt es sich um eine biologische Methanisierung.

Im Gegensatz zur katalytischen Methanisierung sei das Verfahren apparatetechnisch weniger aufwändig und technologisch sehr robust. Es benötigt weder Überdruck noch hohe Temperaturen und verbrauche relativ wenig Energie, vor allem durch den Verzicht auf ein Rührwerk, heißt es in der Mitteilung ferner. Schließlich könne das Verfahren mit einer hohen Produktgasreinheit punkten. Die bei der Biogasanlage entstehende Restwärme kann zudem z. B. für die Fermenterheizung weiter genutzt werden.

Ergebnis: Wirtschaftlichkeit ist gegeben, Pilotanlagen folgen

Die Untersuchungen zur Ökonomie deuten auf einen wirtschaftlichen Betrieb hin. Voraussetzung ist, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Anlagentechnik weiter optimiert werden. In Nordhackstedt wollen Landwirte und Forschende das beschriebene Konzept künftig praktisch erproben, die Errichtung eines Elektrolyseurs und eines Rieselbettreaktors sind geplant. Der Strom soll zunächst nur von der älteren der beiden Windkraftanlagen bezogen werden, die vorgesehene Anschlussleistung des Elektrolyseurs liegt bei 333 kWel.

Damit ist man in der Lage, einen Teilstrom des Biogases aus der Biogasanlage zu methanisieren. Unterstützung für die Konzeptumsetzung ist seitens des Dresdner Ingenieurdienstleisters GICON® geplant, der das Rieselbettverfahren für die biologische Methanisierung gemeinsam mit der BTU entwickelt hat und am Standort Cottbus bereits eine Technikumsanlage betreibt. In Nordhackstedt würde die weltweit erste kontinuierlich betriebene Pilotanlage dieser Art entstehen, die die biologische Methanisierung mit Rohbiogas unter Praxisbedingungen demonstrieren und als Blaupause für Praxisanlagen dienen könnte. (gun)