Strom

ASEW kontert plakativen Lichtblick-Vorstoß

Die Analyse von Lichtblick, die der Stromkennzeichnung Etikettenschwindel unterstellt, wird von der ASEW kritisiert. Das Stadtwerke-Netzwerk hält hier ein genaues Hinsehen für angebracht.
01.02.2018

Das Energieunternehmen Lichtblick hatte die Stromprodukte von 50 großen Versorgern unter die Lupe genommen und dabei ermittelt, dass die meisten deutlich mehr Kohlestrom enthalten, als angegeben. Als Übel haben die Hamburger die gesetzliche Regelung ausgemacht, die es erlaube, dass "jeder Energieanbieter bis zu 45 Prozent nach dem EEG geförderten Ökostrom in der Stromkennzeichnung ausweisen darf – obwohl die Anbieter diesen EEG-Strom nicht für ihre Kunden einkaufen".

Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) ist diese Perspektive der Dinge zu einseitig. Bereits die Überschrift „Deutschlands dreckige Stromanbieter“ sei plakativ gewählt – und die folgende Lichtblick-Mitteilung knüpfe hieran an. Die Stromprodukte „der meisten Energieanbieter enthalten deutlich mehr Kohlestrom, als in der gesetzlichen Stromkennzeichnung angegeben werden muss“, hatte Lichtblick vermeldet. Christian Esseling, bei der ASEW zuständig für den Bereich Ökoenergien, sieht diese Darstellung indes problematisch: „Energieversorger sind gesetzlich verpflichtet, in der Stromkennzeichnung einen Anteil EEG-geförderten Strom auszuweisen." Hierbei handle es sich nicht, wie von Lichtblick oder Spiegel-Online überspitzt formuliert, um Greenwashing oder eine Parallele zu Dieselgate, sondern um eine "durchaus sinnvolle Vorgabe des Gesetzgebers".

Stromkennzeichnung kein Lenkungsinstrument der Energiewende

Die Stromkennzeichnung gemäß § 42 EnWG stellt eines von mehreren Instrumenten dar, um das Bewusstsein für die voranschreitende Energiewende in der Gesellschaft zu stärken. Allerdings sei die Kennzeichnung der Stromherkunft kein Lenkungsinstrument, das die Energiewende gezielt voranbringen soll, so Esseling. „In der Tat kann man die Aufnahme des EEG-geförderten Stroms in die Stromkennzeichnung als problematisch erachten“, so der ASEW-Mitarbeiter weiter.

Esseling gibt hier aber zu bedenken, dass EEG-geförderter Strom ja tatsächlich physisch produziert wurde – und über die EEG-Umlage werde diese Förderung gemeinschaftlich auf alle Verbraucher verteilt. Der reißerische Ausdruck ‚Deutschlands dreckige Stromanbieter‘ sei insofern wenig zielführend. Denn gerade regionale Energieversorger setzen sich meist aktiv und durch eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Maßnahmen nicht nur für die Akzeptanz, sondern auch für das tatsächliche Vorankommen der Energiewende vor Ort ein – angefangen von der Realisierung regenerativer Erzeugungsanlagen, über ÖPNV- oder Car-Sharing-Angebote bis hin zur Förderung von energieeffizienten Geräten. "So bringen die lokalen Versorger, etwa viele Stadtwerke, nicht nur den Klimaschutz voran, sondern steigern auch die regionale Wertschöpfung", betont der ASEW-Mitarbeiter.

Kriterium Klimaschutzaktivität zielführender

Gerade den Ausbau erneuerbarer Energien finanzierten die Versorger auch direkt vor Ort. So bietet etwa die ASEW-Stromdachmarke "energreen" mit einem zusätzlichen Aufschlag auf den Strompreis, der wiederum in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert werden muss, Ansätze für den effektiven Zubau erneuerbarer Erzeugungskapazitäten. Wegen der ebenfalls über den Gesetzgeber geregelten Vermarktung über das EEG tauchen die hier anfallenden Stromengen jedoch nicht in der Stromkennzeichnung auf. "Insofern bringt eine isolierte Betrachtung allein der Stromkennzeichnung wenig. Eine Bewertung des Anbieters und von dessen Einsatz gegen den Klimawandel ist daher deutlich zielführender", gibt Esseling zu bedenken. (mn)